domradio.de: Was kann das bringen, eine Delegation des Papstes in Syrien?
Oehring: Das ist eine schwer zu beantwortende Frage. Die Lage in Syrien ist so verworren, dass auch der Besuch einer solchen Delegation keine Wunder bewirken kann, auch wenn man das vielleicht erwarten möchte. Ich denke, es ist aber ein wichtiges Zeichen, dass sich die katholische Kirche in diesem Bereich massiv engagiert. Es ist auch mehr, als das was bisher geschehen ist. Der Heilige Vater hat sich zwar oft zur Situation in Syrien geäußert; der Nuntius in Syrien, Erzbischof Mario Zenari, ist immer wieder mit durchaus als undiplomatisch zu qualifizierenden Äußerungen zur Lage in Syrien hervorgetreten. Aber ich denke, das, was jetzt passiert, mit dieser Reise, dieser Delegation, das ist schon etwas Außerordentliches. Auch die Zusammenstellung der Delegation will zeigen, wie wichtig es der Kirche in Rom ist, dass es in Syrien vielleicht tatsächlich einen Richtungswechsel in Hinblick auf den Konflikt gibt.
domradio.de: Wie ist die Zusammenstellung genau, wer nimmt an der Delegation teil?
Oehring: Der Delegationsleiter wird der Kardinal Jean-Louis Tauran sein, der Präsident des Rates für den Interreligiösen Dialog. Er wird begleitet vom Erzbischof Dominique Mamberti , faktisch der Außenminister des Heiligen Stuhls, dann weiterhin Kardinal Laurent Monsengwo, Erzbischof von Kinshasa, der sich in der Vergangenheit als Friedensstifter im Kongo hervorgetan hat, dann Kardinal Timothy Dolan, der Erzbischof von New York - auch das wichtig, er vertritt die USA, dann der Erzbischof Fabio Suescún Mutis, ein Militärerzbischof aus Kolumbien, auch ein Krisenland, und schließlich Bischof Joseph Nguy?n Nang in Vietnam - auch das ein Land, das leidvolle Erfahrungen mit einem militärischen Konflikt hat.
domradio.de: Wie ernst wird die katholische Kirche in Syrien überhaupt genommen?
Oehring: Das wird sich zeigen, das kann man vorab nicht sagen. Ich denke, dass die katholische Kirche natürlich schon ein gewichtiges Wort mitzureden hat, auch im Vergleich mit den anderen Kirchen, die in Syrien tätig sind und die zum Teil zahlenmäßig weitaus größer sind, aber doch regionale Kirchen sind. Die katholische Kirche wird natürlich als eine internationale Organisation angesehen und hat schon allein deswegen ein größeres Gewicht. Ob man jetzt allerdings erwarten kann, dass Personen und Regierende, die an einer kriegerischen Auseinandersetzung beteiligt sind, wie das bei Präsident Assad auf der einen Seite und den Rebellen auf der anderen Seite der Fall ist, ob sich diese Personen von einer derartigen Reise beeindrucken lassen, das mag dahin gestellt sein.
domradio.de: Die Regierung in Damaskus signalisierte inzwischen die Bereitschaft, zum islamischen Opferfest, das Ende Oktober gefeiert wird, eine Waffenruhe für das Land auszurufen. Ist ohnehin nicht schon eine Entspannung in Syrien zu erwarten?
Oehring: Ich denke, dass man das noch nicht als Zeichen von Entspannung ansehen sollte, das wäre sicher ein Fehler. Normalerweise sind Waffenruhen, wie der Name schon sagt, tatsächlich eine Ruhe des Waffengangs, die natürlich dann auch zeitlich begrenzt ist. Das Opferfest dauert üblicherweise drei, vier Tage und man muss leider davon ausgehen, dass danach der Krieg weitergehen wird. Vielleicht kommt man aber doch auch zur Besinnung über die ganze Situation und das wäre dann schon ein wichtiger Schritt.
Das Interview führte Verena Tröster.
Nah-Ost-Experte Ottmar Oehring im domradio-Interview
"Die katholische Kirche hat ein gewichtiges Wort mitzureden"
Jetzt schaltet sich Papst Benedikt der XVI. ein: Der Heilige Vater entsendet eine Delegation nach Syrien. Im domradio-Interview spricht der Nah-Ost-Experte der Konrad-Adenauer-Stiftung, Doktor Ottmar Oehring, über die Erfolgsaussichten der Delegation aus dem Vatikan.
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