domradio.de: Was war denn Ihr erster Gedanke, als Sie von der Zerstörung des Klosters hörten?
Matthias Kopp (Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz und Nahost-Experte): Dass ein Angriff auf das Kloster stattgefunden hat, ist ja schon seit einigen Monaten bekannt. Dass jetzt die traurige Gewissheit über die Zerstörung des Klosters da ist, ist eine kulturelle und auch humanitäre Katastrophe. Hier wird letzten Endes mit dem Planieren dieses Klosters einem ganzen Land ein Stück der christlichen Identität entrissen. Es war ein im Kloster, in dem überwiegend chaldäische Christen über Jahrhunderte gelebt haben. Chaldäer sind aus der assyrischen Kirche hervorgegangen, eine mit Rom unierte Ostkirche. Hier wird die kulturelle Identität eines Landes mit Füßen getreten.
domradio.de: Passiert ist das Ganze ja bereits 2014 - erst jetzt wurde es bekannt. Wie kann das sein?
Matthias Kopp: Im Jahr 2014 gab es die ersten Hinweise auf einen Angriff auf das Kloster. Das Kloster ist ja nach der amerikanischen Invasion 1991 mehrfach aufwendig restauriert worden. Aber es zeigt eben wieder einmal, wie schwer es ist, zuverlässige Informationen aus dem Land zu bekommen. Wir haben es in den letzten Monaten, letzten Jahren, immer wieder erlebt, dass erst dann die traurige Gewissheit bestätigt war, wenn es ordentliche Satellitenaufnahmen der Gegenden gab.
domradio.de: Was bezweckt der IS damit, diese Heiligen Stätten zu vernichten? Worum geht es ihm?
Matthias Kopp: Es gibt in der Vorstellung des IS nur eine Ideologie, es gibt nur eine Religion, den Islam des IS. In dieser Ideologie gibt es vor der islamischen Zeitrechnung des IS keine andere Kultur. Deshalb soll jede andere Kultur ausgerottet werden, anders kann man das gar nicht bezeichnen. Was wir in Palmyra, in Syrien, erlebt haben, was wir jetzt beim Elias-Kloster im Irak erleben, ist letzten Endes das Austilgen einer ganzen Kultur und damit auch der Identität eines Landes.
domradio.de: Die Vereinten Nationen sprechen in dem Zusammenhang von schweren Kriegsverbrechen. Hat man da denn irgendeinen Handlungsspielraum?
Matthias Kopp: Ich glaube kaum. Solange es Krieg und den IS im Irak gibt, wird kein Frieden möglich sein, und es wird auch keinen Handlungsspielraum geben. Es sollten zunächst Menschen geschützt werden und dann natürlich die Kultur eines Landes. Aber hier geht der IS so brutal vor, Menschen und Kultur eines Landes zu zerstören, dass ich kaum eine Möglichkeit sehe, dass sich hier etwas ändert. Deshalb ist die Frage einer militärischen Intervention nach wie vor immer wieder neu zu stellen.
Das Interview führte Silvia Ochlast.