Kardinal Woelki über Corona-Krise und Missbrauchsstudie

"Namen werden genannt"

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki zeigt Verständnis für Forderungen nach Exit-Strategien aus der Corona-Krise. In einem Interview äußert er sich zudem über die verschobene Präsentation der Missbrauchsstudie des Erzbistums.

Kardinal Rainer Maria Woelki, Erzbischof von Köln / © Julia Steinbrecht (KNA)
Kardinal Rainer Maria Woelki, Erzbischof von Köln / © Julia Steinbrecht ( KNA )

"Für viele Menschen geht es um ihre Existenz", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Samstag). "Deshalb sollten wir Verständnis haben für diejenigen, die jetzt fragen, wann wir zur Normalität zurückkehren können."

Momentan stehe aber der Schutz des Lebens an erster Stelle, betonte der Erzbischof. Er hoffe, dass die Menschen in der derzeitigen Zwangspause über wirtschaftliches Handeln nachdenken, Maßlosigkeit erkennen und einen Ausgleich zwischen Arm und Reich sowie zwischen Wirtschaft und Umwelt ins Auge fassen.

Die Arbeitsplätze im Erzbistum Köln seien sicher, sagte Woelki. "Es ist nicht daran gedacht, im Zuge dieser Krise Arbeitsplätze abzubauen."

Keine Gottesdienste mit Volk bis mindestens Ostern

Gottesdienste mit Kirchenvolk wird es dem Bericht zufolge im Erzbistum Köln mindestens bis nach Ostern nicht geben. "Da die Beschränkung des öffentlichen Lebens verlängert worden ist, werden auch wir uns daran orientieren", so der Kardinal. Die Kirchen sollten aber zum persönlichen Gebet geöffnet bleiben. Die Erzdiözese hat öffentliche Gottesdienste auf ihrer Homepage bis 19. April ausgesetzt.

Woelki verwies auf Live-Übertragungen von Messfeiern im Internet und wandte sich gegen die Idee, die Kommunion zu festen Zeiten in den Kirchen für jedermann zugänglich auszuteilen. "Ich halte es nicht für gut, öffentlich zum Kommunionempfang einzuladen", kritisierte der Erzbischof. Er befürchte Schwierigkeiten mit dem Land und den Kommunen. Gläubige könnten aber nach wie vor einzeln, etwa nach der Beichte, die Kommunion erhalten.

Der Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken hatte am vergangenen Sonntag in Sankt Remigius die Kommunion über einen Zeitraum von rund zwei Stunden nacheinander an rund 70 Personen ausgeteilt.

Missbrauchsstudie wird nach Corona-Krise veröffentlicht

Das Erzbistum Köln wird seine Missbrauchsstudie laut Kardinal Rainer Maria Woelki nach dem Ende der Corana-Krise vorstellen. Die beauftragte Münchner Kanzlei lege noch in diesem Jahr ihre Personalakten-Recherchen zum Umgang der Bistumsleitung mit Missbrauchsfällen vor, "und zwar so früh wie möglich", sagte der Erzbischof dem "Kölner Stadt-Anzeiger".

Die zunächst für den 12. März geplante Präsentation hatte das Erzbistum kurzfristig abgesagt, weil die vorgesehene Nennung ehemaliger oder aktiver Entscheidungsträger noch einer rechtlichen Klärung und Absicherung bedürften.

"Nichts von dem, was wir versprochen haben, wird zurückgenommen. Namen werden genannt", sagte Woelki. "Aber dafür müssen die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden." Im Laufe der Untersuchung seien frühere Entscheidungsträger mit Sachverhalten und Fragen konfrontiert worden.

"Alle konnten hierzu Stellung nehmen und haben das auch getan", führte der Erzbischof aus. Nun müsse die Kanzlei die Darstellung so fassen, "dass sie presserechtlich und äußerungsrechtlich wasserdicht ist".

Maßstäbe des Rechtsstaats gelten für alle

Nach den Worten des Kardinals kann das Erzbistum im Bemühen um Aufklärung "nicht in Kauf nehmen, dass wir mit einem Bericht, der dem Recht Gehör verschaffen soll, gleichzeitig die Rechte von Personen verletzen, die in dem Bericht belastet werden". Denn auch diese Personen hätten Rechte, die es zu achten gelte. "Die Maßstäbe des Rechtsstaats gelten für alle", so der Erzbischof.

Woelki hatte die Studie Ende 2018 bei der Münchner Kanzlei "Westpfahl Spilker Wastl" in Auftrag gegeben. Der Untersuchungszeitraum reicht zurück bis 1975 und umfasst die Amtszeiten der Kardinäle Joseph Höffner (Erzbischof von 1969 bis 1887) und Joachim Meisner (1989 bis 2014).


Quelle:
KNA
Mehr zum Thema