"Es ist wohl die Symbiose von Kirche und Kultur, von Gastfreundschaft, Braukunst und Landschaft, wie sie hier auf engstem Raum erlebbar ist", zeigt sich Abt Johannes Eckert überzeugt. Und überhaupt sei der Berg immer Begegnungsort zwischen Himmel und Erde, zwischen Gott und Mensch gewesen.
Mag auch mancher Besucher im Bräustüberl bei Schweinshaxn und süffigem Klosterbier hängenbleiben, so bietet Andechs doch deutlich mehr als Genuss für den Leib. Fürs Seelenheil und für den Kunstfreund lohnt es sich, die restlichen Schritte aufwärts zum Gotteshaus zu machen. Für jene, die das bisher versäumt haben, und für alle Freunde des Heiligen Bergs ist nun ein neuer Bildband über "Andechs" im Schnell und Steiner-Verlag in Regensburg erschienen.
Auf 112 Seiten und mit 88 Fotografien von Anton Brandl und Wolf-Christian von der Mühe wird ein Überblick über die Bedeutung des seit dem 11. Jahrhundert bekannten Wallfahrtsortes geboten. Birgitta Klemenz erzählt von der Gründung des Benediktinerklosters im Jahr 1455 durch Herzog Albrecht III., von Blüte und Niedergang des Ortes bis zur Wiederbelebung nach der Säkularisation. Bayerns König Ludwig I. kaufte 1846 das aufgelassene Kloster für 65.000 Gulden als künftiges Wirtschaftsgut für die von ihm geplante Benediktinerabtei Sankt Bonifaz in München.
Anlaufstelle für Obdachlose
Doch Andechs versorgte nicht nur die Mönche mit Speis und Trank. Vielmehr war es der Wunsch von König Maximilian II., dass die Benediktiner sich auch sozial engagierten. So gründete Abt Bonifaz Haneberg 1856 ein "Rettungs- und Erziehungshaus für verwahrloste und gefährdete Jugendliche". Heute steht auf dem Gelände von Sankt Bonifaz ein Haneberg-Haus als Anlaufstelle für Obdachlose.
Die Wallfahrt auf dem Heiligen Berg gab es schon vor der Klostergründung. Ein bedeutsamer Reliquienschatz wird seither hier verwahrt, der in den Wirren der mittelalterlichen Kriege für mehr als hundert Jahre verschollen blieb. Ausgerechnet einer Maus soll es zu verdanken gewesen sein, dass die Kostbarkeiten am 26. Mai 1388 wiederentdeckt wurden.
Der Legende nach feierte ein Priester in der Kapelle der verfallenen Burg die Messe, während das Nagetier über die Altarsstufen huschte und dabei einen Zettel verlor. Dabei handelte es sich um ein Reliquientestat. An der Stelle, wo die Maus herausgekommen war, grub man nach, und siehe da: In einer Truhe fand sich der Schatz. In einem Bild in der barocken Kirche ist der Vorfall verewigt.
Erklärend heißt es: "Eine Maus zeigt durch den Zettel an, wo man das Heiligthum finden kann!"
Die Geschichte fasziniert Abt Johannes, wie er zugibt. Bei großen Festgottesdiensten schaue er manchmal auf das Bild und denke sich:
"Nicht die scheinbar Großen und Wichtigtuer sind entscheidend im Leben, auch nicht die Herausgeputzten und die mit Stab und Mitra prächtig Ausstaffierten!" Gott bediene sich häufig der scheinbar Unbedeutenden. Diese Kleinen müssten ernst genommen werden. Die Restauratoren setzten übrigens nach der großen Restaurierung für das Andechs-Jubiläumsjahr 2005 der Kirchenmaus ein Denkmal. In den Stufen des Hochaltars lugt sie seither frech aus einem Spalt hervor.
Im Zentrum des Altars aber steht das Gnadenbild mit der spätgotischen Madonna, die im Barock Krone und Zepter als Schmuck erhielt. Wer genauer hinsieht, kann in der linken Hand des Kindes eine Traube entdecken - ein Verweis auf das eucharistische Opfer.
Über allem aber wölbt sich der "Andechser Heiligenhimmel". Im Deckenfresko von Johann Baptist Zimmermann sind neben der Dreihostienmonstranz als Zeichen der Gegenwart Christi eine Schar von Heiligen, Frauen und Männern zu sehen. Die Botschaft ist laut Abt Johannes eindeutig: Wenn sich Menschen in dieser Kirche um den Tisch des Herrn versammelten, dann sei das ein Vorgeschmack auf die Ewigkeit.
Hinweis: Der Bildband "Andechs. Bayerns Heiliger Berg" von Abt Johannes Eckert ist im Verlag Schnell und Steiner in Regensburg erschienen und kostet 24,95 Euro.
Neuer Bildband über das Benediktinerkloster Andechs
Die Sache mit der Maus
Hoch über dem Ammersee gelegen ragt weithin sichtbar der Zwiebelturm der Andechser Wallfahrtskirche zum Himmel. Rund eine Million Pilger und Wanderer zieht es jährlich auf den Heiligen Berg zu den Benediktinern. Was diese Anziehung ausmacht? Ein neuer Bildband gibt Hinweise.
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