Neuer jüdischer Karnevalsverein stellt sich in Köln vor

Ein Gebet im weiß-blauen "Krätzchen"

"Kölle Alaaf!" Das rufen die Mitglieder des neuen jüdischen Karnevalsvereins "Kölsche Kippa Köpp". Was auch sonst? Das fragt Präsident Knappstein. Für ihn steht fest: "Wir sind nicht anders."

 Kölsche Kippa  / © Julia Steinbrecht (KNA)
Kölsche Kippa / © Julia Steinbrecht ( KNA )

In den Karnevalshochburgen steppt der Bär: Umzüge, Partys, Sitzungen. Darunter mischen sich in diesem Jahr in Köln erstmals auch Jecken, deren weiß-blaue Mützen bisher noch nicht so häufig zu sehen waren. Sie gehören zu dem neuen jüdischen Karnevalsverein "Kölsche Kippa Köpp" – nach eigenen Angaben ist es der bundesweit einzige seiner Art. Am Sonntag, einem Tag vor Rosenmontag, stellen sie sich offiziell anderen Karnevalisten vor.

Der Ort ist für eine Karnevalsveranstaltung genauso ungewöhnlich wie das Programm: Nach einem kurzen Gedenken an die von Nazis getöteten Juden bekommen die Mitglieder anderer Karnevalsgesellschaften eine Führung durch das Gotteshaus der Kölner Synagogen-Gemeinde. Danach stellen sich die "Kölsche Kippa Köpp" mit einem Rückblick auf den auch von Juden geprägten Karneval vor dem Nationalsozialismus vor.

"Falafel und Kölsch"

Zum Schluss gibt es ein Buffet unter dem Motto "Falafel und Kölsch". "Wir wollen explizit sagen, dass wir nicht anders sind", betont der Präsident der "Kölsche Kippa Köpp", Aaron Knappstein. Der Verein verstehe sich in der Tradition des "Kleinen Kölner Klubs", der in den 1920er Jahren gegründet und von jüdischen Mitgliedern geprägt wurde. Ohne Vielfalt innerhalb der Vereine wäre der Karneval wohl langweilig, sagt der Präsident. "Wir sind mittendrin."

Mittendrin im hiesigen Karneval sind auch einige Mitglieder der "Kölsche Kippa Köpp" – sprich seit einiger Zeit schon in anderen, etablierten Vereinen in Köln. Bisher habe die neue jüdische Gruppe 14 Mitglieder, es lägen aber schon rund 50 Aufnahmeanträge vor, auch von Nichtjuden, sagt Knappstein. Alle seien willkommen, egal welcher Religion – und auch Frauen. Denn bisher ist es ein reiner Männerclub. Die Gruppe hat sich 2017 gegründet, trat aber erst vor kurzem an die Öffentlichkeit.

"Keine Ressentiments oder Ablehnendes"

Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Abraham Lehrer, sieht den neuen Verein offenbar mit großem Wohlwollen. Die Gründung sei ein wichtiges Zeichen in Richtung einer Normalität – auch wenn dies in Zeiten von Antisemitismus nicht einfach sei. Auch innerhalb der jüdischen Gemeinschaft sei der Verein nicht unumstritten. Aber: Je mehr Anker im Boden seien, je mehr Fundamente es gebe, desto besser sei dies für die Zukunft, so Lehrer.

Eine der weiß-blauen Mützen – "Krätzchen" genannt – sitzt an diesem Tag nicht auf seinem Kopf, denn Mitglied im Verein ist Lehrer nicht.

Er ist aber Vorstand der Synagogen-Gemeinde Köln. Sie ist nach eigenen Angaben die älteste Jüdische Gemeinde nördlich der Alpen. Neu gegründet nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, ist sie eine orthodox geführte Einheitsgemeinde. Sie ist derzeit eine der größeren bundesweit. "Wir haben bisher keine Ressentiments oder Ablehnendes erfahren", sagt Volker Scholz-Goldenberg, Schriftführer des neuen Vereins.

Selbstverständlich "Kölle Alaaf!"

"Kölsche Kippa Köpp" sei ein "Farbtupfer", Scholz-Goldenberg sieht zudem eine Dynamik nach der Vereinsgründung. Die bunt kostümierte Bettina Levy vom Vorstand der Synagogen-Gemeinde betont: "Wir möchten für die Stadtgesellschaft, in der Stadtgesellschaft stehen."

Und dann ist da noch das "Krätzchen": Eine Seite dieser Mütze in Schiffchenform kann hochgeklappt werden, darunter ist auf rotem Grund ein Gebet auf Hebräisch gedruckt. Es drückt den Wunsch aus, jemanden wohlbehalten und friedlich zum Ziel einer Reise zu bringen. Das ist dann doch etwas anders als bei den etablierten Karnevalisten.

Auf die Reise beziehungsweise auf den Weg macht sich am Rosenmontag noch ein anderes ungewöhnliches Projekt mit Bezug zur Religion: Im Düsseldorfer Zug soll der "Toleranzwagen" rollen. Der Wagen zeigt einen Imam, eine evangelische Pastorin, einen katholischen Priester und einen jüdischen Rabbiner. So wie Aaron Knappstein aus Köln und seine Mitstreiter ganz selbstverständlich "Kölle Alaaf!" rufen, haben sich die interreligiösen Jecken in der zweiten Karnevalshochburg auch auf das Ortsübliche geeinigt: Sie rufen einfach "Düsseldorf Helau!".


Aaron Knappstein, Präsident des jüdischen Karnevalsvereins "Kölsche Kippa Köpp" / © Julia Steinbrecht (KNA)
Aaron Knappstein, Präsident des jüdischen Karnevalsvereins "Kölsche Kippa Köpp" / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Karneval in der jüdischen Gemeinde  / © Julia Steinbrecht (KNA)
Karneval in der jüdischen Gemeinde / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Kölsche Kippa Köpp in der Synagoge  / © Julia Steinbrecht (KNA)
Kölsche Kippa Köpp in der Synagoge / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Aaron Knappstein und Volker Scholz-Goldenberg  / © Julia Steinbrecht (KNA)
Aaron Knappstein und Volker Scholz-Goldenberg / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA