Auch die katholische Kirche gratuliert Österreichs neu gewähltem Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen: Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn wünschte ihm am Sonntagabend Gottes Segen für das hohe Amt und "eine gute Hand für das Miteinander, das Österreich zu einem stabilen, freien und auch prosperierenden Land gemacht hat".
Schönborn mahnte im Interview der Wiener katholischen Presseagentur "Kathpress", der neu gewählte Präsident müsse "zu einem Staatsoberhaupt für alle Österreicher werden" und das Land wieder zusammenführen. Der Kardinal erinnerte an die erste Rede Van der Bellens nach seiner erfolgreichen und später aufgehobenen Stichwahl Ende Mai. Dieser habe damals von "zwei gleich wichtigen Hälften" gesprochen, "die Österreich ausmachen".
Beeindruckt von Wahlbeteiligung
Beeindruckt zeigte sich der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz von der hohen Wahlbeteiligung von rund 74 Prozent in der längsten Bundespräsidentenwahl der Zweiten Republik. Das sei ein "Beweis für eine reife und gefestigte Demokratie in unserem Land, wofür wir einander dankbar sein können", so Schönborn.
Dem vorläufigen Endergebnis zufolge bekam der 72-jährige ehemalige Grünen-Chef Van der Bellen 51,7 Prozent der Stimmen, FPÖ-Kandidat Norbert Hofer 48,3 Prozent. In diesem Ergebnis sind allerdings die rund 700.000 Briefwähler noch nicht enthalten. Deren Stimmen werden erst am Montag ausgezählt. Experten rechnen damit, dass sich Van der Bellens Vorsprung dann noch etwas vergrößert. Hofer räumte seine Niederlage ein und gratulierte seinem Konkurrenten zum Sieg.
"Weltoffen und proeuropäisch"
Alexander Van der Bellen hat nach seiner Wahl zum neuen Staatsoberhaupt Österreichs seinen künftigen Kurs beschrieben. "Ich werde ein weltoffener, proeuropäischer Präsident der Republik Österreich sein", kündigte der 72-jährige ehemalige Grünen-Chef bei seiner ersten kurzen Rede vor der Presse am Sonntagabend in Wien an. Er gewann die Wahl laut Hochrechnung mit 53,3 Prozent der Stimmen gegen den FPÖ-Bewerber Norbert Hofer. Van der Bellen ist der erste Präsident Österreichs aus den Reihen der Opposition.
Betrug der Abstand zwischen beiden Kandidaten bei der ersten Stichwahl vor gut sechs Monaten nur rund 30.000 Stimmen, waren es jetzt rund 300 000 Stimmen. Die Wahl vom 22. Mai war später gerichtlich annulliert worden. Die damals schon hohe Wahlbeteiligung von 72,7 Prozent legte noch einmal auf rund 74 Prozent zu.
Von Frauen unterstützt
Aufgrund des erheblichen Vorsprungs von rund sechs Prozentpunkten ist die Auszählung der Briefwahlstimmen am Montag nur noch von statistischem Belang. Sie kann das Ergebnis nicht mehr drehen. Die Auszählung sollte um 9 Uhr beginnen. Mit einem Ergebnis wurde am Abend gerechnet.
Nach einer Analyse des Sozialforschungsinstituts Sora verdankte Van der Bellen seinen Sieg nicht zuletzt der Unterstützung vieler Frauen. 62 Prozent der Wählerinnen stimmten für ihn. Unter den Männern hatte Hofer die Nase vorn. Generell ist es Van der Bellen besser gelungen, seine Anhänger zu mobilisieren.
Vereidigung Ende Januar
Gerade diejenigen, die die Zukunft optimistisch einschätzen, stimmten für Van der Bellen. Von ihnen gingen viele zur Wahl - im Gegensatz zu den Pessimisten, die eher zu Hofer neigten und zu Hause blieben. Beim Kampf um die Wähler der konservativen ÖVP bewies Van der Bellen laut Sora-Analyse ebenfalls mehr Geschick. 55 Prozent der ÖVP-Anhänger stimmten für den ehemaligen Grünen-Chef. Allerdings: Durch den langen Wahlkampf und durch manche wenig staatsmännische Auftritte litten laut Analyse die Glaubwürdigkeit und die Sympathiewerte beider Kandidaten deutlich.
Der bisherige Bundespräsident Heinz Fischer war am 8. Juli 2016 nach zwölf Amtsjahren ausgeschieden. Seitdem übernahm das dreiköpfige Nationalratspräsidium die Amtsgeschäfte. Van der Bellen soll am 26. Januar vereidigt werden. Die FPÖ hat bereits angekündigt, die Wahl diesmal nicht anzufechten.