Kurz vor seinem Abschied aus Nicaragua lässt Managuas Weihbischof Silvio Baez noch einmal einen Blick in seinen Gemütszustand zu. Es schmerze ihn, gehen zu müssen, weil sein Volk weiterhin leide, sagte Baez vor Hunderten von Gläubigen, die in eine Pfarrei vor den Toren Managuas gekommen waren.
Kirche kritisiert Regierung
Nicaragua erlebt seit April 2018 eine Krise mit landesweiten Protesten gegen die Regierung von Präsident Daniel Ortega. Seit Beginn kamen rund 350 Menschen ums Leben, Tausende wurden verletzt. Die katholische Kirche in Nicaragua kritisierte immer wieder in scharfer Form Menschenrechtsverletzungen der Regierung.
Weihbischof Baez gehörte dabei zu den Wortführern. Während der Proteste gewährte er bedrohten Studenten in seiner Kirche Schutz und wurde bei einem Zwischenfall von regierungsnahen Schlägern verprügelt. Über die Sozialen Netzwerke informierte der Geistliche immer wieder über Übergriffe der Sicherheitskräfte. Inzwischen folgen ihm allein auf Twitter etwa 140.000 Menschen.
Fader Beigeschmack
Jetzt soll Baez auf Wunsch von Papst Franziskus einige Zeit in Rom verbringen. Das teilte Managuas Erzbischof, Kardinal Leopoldo Brenes, während einer Pressekonferenz in der vergangenen Woche mit. Der Papst habe Baez kürzlich während einer Privataudienz im Vatikan darum gebeten. Dieser Bitte werde nun "im Geiste des Gehorsams" entsprochen.
Einen konkreten Zeitraum für den Rom-Aufenthalt seines Weihbischofs nannte der Kardinal nicht. Er stellte aber klar, dass es sich nicht um eine "permanente" Lösung handele. Baez sprach am vergangenen Wochenende davon, dass ihm nur noch wenige Tage in Managua bleiben.
Die bevorstehende Abreise von Baez hinterlasse einen faden Beigeschmack, kommentierte Bischof Abelardo Mata Guevara in der regierungskritischen Tageszeitung "La Prensa". Mata ist Generalsekretär der Nicaraguanischen Bischofskonferenz und damit auch so etwas wie deren Sprecher. Mata begründet seine Einschätzung damit, dass "Baez selbst bestätigte, dass er nicht darum gebeten hat, versetzt zu werden".
Der Papst habe seine Entscheidung aber sicher aus einer guten Absicht heraus getroffen, immerhin habe die sandinistische Regierung von Daniel Ortega eine Diffamierungskampagne gegen Baez gefahren und amerikanische Diplomaten hätten über Attentatspläne berichtet.
Geste gegenüber dem Regime?
Die Entscheidung von Franziskus löste in Nicaragua ein breites Echo aus. Die Oppositionsbewegung reagierte mit großer Enttäuschung: "Wir als Alianza Civica sind traurig und konsterniert, dass uns Monsenor Baez nicht weiter physisch begleiten wird", sagte Juan Sebastian Chamorro, einer der Verhandlungsführer des Oppositionsbündnisses dem Portal "Confidencial". Der Weggang von Baez sei ein harter Schlag.
Auch in Argentinien, dem Heimatland des Papstes, wird über die Entscheidung von Franziskus diskutiert. Das Portal "Infobae" berichtet, dass Kräfte der nicaraguanischen Opposition hinter der Entscheidung des Papstes offenbar eine Geste gegenüber dem Ortega-Regime vermuten.
Der Politologe Umanzor Lopez Baltodano kommentiert, es gebe in der Bevölkerung zwei Lesarten der Personalie. Ein Teil meine, der Papst habe einen der schärfsten Kritiker des Regimes zurückziehen wollen.
"Ein emotionaler Schlag"
Andere glauben, der Papst wolle Baez vor Übergriffen schützen. "Das ist ein emotionaler Schlag", so Lopez Baltodano. Dabei gerät auch die Rolle von Papstbotschafter Waldemar Sommertag in den Fokus, der gegenüber dem Ortega-Regime deutlich zurückhaltender auftrat als Baez.
Baez erklärte, die Entscheidung des Papstes habe sein "Herz weinen lassen". Der Entschluss bedeute, dass er vorläufig nicht bei seinem geliebten Volk bleiben könne.
Er habe Franziskus nicht darum gebeten, das Land verlassen zu dürfen. Er werde dessen Wunsch aber respektieren. Klarer und deutlicher kann sich Baez von der Entscheidung des Papstes nicht distanzieren.