Er glaube nicht, "dass Gemeinden sich jetzt darauf konzentrieren sollten, vor allem weiter Gottesdienste anzubieten", sagte der Leipziger Theologieprofessor dem Evangelischen Pressedienst (epd). Wichtiger seien Angebote, "bei denen ich direkt mit jemandem reden kann", betonte er: "Dafür Möglichkeiten zu schaffen - das ist jetzt die kreative Aufgabe, und das erwartet man eigentlich auch von einer Kirche."
Trauerarbeit und Ersatz für das Krichencafé
"Die Funktion des Pfarrers als Prediger tritt jetzt in den Hintergrund", erklärte Pickel. Wenn Pfarrerinnen und Pfarrer es stattdessen schafften, direkte Kontakte aufzubauen und zu pflegen, könne dies die Bindung an die Kirche sogar wieder stärken, "so dass die Leute sagen: Das ist doch was, da kann ich Kirche, da kann ich meinen Pfarrer brauchen". Zugleich sollten sich die Geistlichen seiner Einschätzung nach wegen der zu erwartenden Todesfälle auf verstärkte Anfragen zur Trauerarbeit vorbereiten.
Dass es in absehbarer Zeit wieder "Gottesdienste mit größeren Personengruppen" gibt, halte er nicht für realistisch, erklärte Pickel. Ohnehin sei das Fehlen des Gemeindelebens "um Kirchen herum" aktuell gravierender. "Ich habe nicht die Möglichkeit, nach dem Gottesdienst zum Beispiel ins Kirchencafé zu gehen oder Bekannte zu treffen, mit denen ich mich für Flüchtlinge engagiere", sagte er: "Dass das jetzt wegfällt, ist, glaube ich, im Moment die am stärksten durchschlagende Kraft."
Besonders für ältere Menschen wichtig
Gerade für ältere Menschen seien mehr Möglichkeiten zur kommunikativen Vernetzung nötig, "so dass man sich wenigstens hört oder sieht", betonte der Wissenschaftler. So könne man überlegen, "wie man es zum Beispiel unterstützen kann, dass sich ein Bibelkreis
auch online trifft".
Online-Angebote wie Livestreams oder Telefonandachten können laut Pickel derzeit zwar eine Brücke sein, um den Kontakt zu den Gemeindegliedern aufrechtzuerhalten. "Es kann aber natürlich nicht eins zu eins das ersetzen, was für Religionen und gerade auch für Kirchen zentral ist, nämlich die Gemeinschaft", betonte er. Diese definiere sich durch den Kontakt von Angesicht zu Angesicht.
Weiter sagte Pickel, da das Bedürfnis zum sozialen Austausch eher wachse, je länger die Einschränkungen dauerten, glaube er nicht, dass die Beschränkungen der Kirche dauerhaft schaden werden: "Man könnte sogar vermuten, dass sich manche Menschen mit Blick auf die große Unsicherheit der Situation und auf die ja zunächst einmal unsichtbare Bedrohung durch das Virus zurückbesinnen auf den Glauben."