"Nordrhein-Westfalen wäre gerne Gastgeber." Es gebe dafür im nächsten Jahr mehrere passende Anlässe, etwa die alle sieben Jahre stattfindende Heiligtumsfahrt in Aachen oder die Feierlichkeiten zu 1.700 Jahren jüdischen Lebens in Deutschland.
Franziskus könne Menschen zusammenführen, betonte Laschet. Das sei in einer Zeit, in der viele nach dem Motto "mein Land first" argumentierten, besonders wichtig. "Unsere Gesellschaften im Norden, die auch vom Zerbrechen bedroht sind, brauchen nicht so sehr finanzielle Solidarität." Sie benötigten vielmehr einen "spirituellen Impuls".
Sorge um den weltweiten Zusammenhalt
Die Privataudienz im Vatikan - für den katholischen Ministerpräsidenten die zweite nach 2018 - sei wieder "beeindruckend" gewesen, berichtete der 59-Jährige. Das Kirchenoberhaupt sorge sich angesichts der Corona-Krise um den weltweiten Zusammenhalt. Im schlimmsten Fall drohe ein Auseinanderbrechen ganzer Gesellschaften. Dieser Problematik sei die neue Papst-Enzyklika "Fratelli tutti" gewidmet, die am Sonntag veröffentlicht werde.
Bei der Bekämpfung der Pandemie sei in der Tat Vorsicht geboten, sagte der Bewerber um den CDU-Vorsitz und mögliche Kanzlerkandidat. "Wir müssen auch die Menschen ernst nehmen, die Angst und Sorge um ihre Existenz haben." Zudem habe er mit Franziskus über die "Not der Flüchtlinge" in aller Welt gesprochen. Der Argentinier habe dabei an die Länder des Nordens appelliert, aus einer "Kultur der Gleichgültigkeit" herauszukommen.
Ein weiteres Gesprächsthema seien die Vorbereitungen für das 1.700-Jahr-Jubiläum zu jüdischem Leben in Deutschland gewesen, so Laschet. Er bezeichnete den Papst als einen "leidenschaftlichen Kämpfer gegen jede Form des Antisemitismus". Dies wolle man sich im nächsten Jahr zunutze machen. "Das ist eine große Chance für Nordrhein-Westfalen, aber auch für ganz Deutschland." Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, sei bei dem Rom-Besuch eigens mit dabei gewesen, um für das Vorhaben zu werben.
Laschets Besuch in Rom
Nach der Papstaudienz stand für Laschet ein Gespräch mit dem für Außenpolitik zuständigen Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin auf dem Programm. Bereits am Mittwoch war der NRW-Ministerpräsident mit dem italienischen Regierungschef Giuseppe Conte zusammengetroffen. Bei der Unterredung sei es vor allem um den wirtschaftlichen Wiederaufbau nach der Corona-Pandemie gegangen. Ziel solle es sein, "deutsch-italienische gemeinsame Projekte jetzt zu erschließen".
Laschet hält sich bis Freitag in Rom auf. Offizieller Anlass sind die Feiern zum Tag der Deutschen Einheit in den deutschen Botschaften beim Heiligen Stuhl und in Italien, bei denen Nordrhein-Westfalen Partnerbundesland ist. Der CDU-Mann wollte mit der Visite auch die Verdienste von Papst Johannes Paul II. (1978-2005) im Kampf gegen die kommunistische Diktatur sowie für den Fall des Eisernen Vorhangs und die deutsche Wiedervereinigung vor 30 Jahren würdigen. An der Reise nehmen auch NRW-Vizeministerpräsident Joachim Stamp (FDP) und Europa-Minister Stephan Holthoff-Pförtner (CDU) teil.