DOMRADIO.DE: Auf der am Donnerstag beginnenden Innenministerkonferenz ist auch eine mögliche Abschiebung von Straftätern nach Syrien Thema. Sie sagen, es gibt sichere Gebiete in Syrien, in die man Straftäter abschieben könnte. Ihr Minister-Kollege Joachim Stamp (NRW-Integrationsminister, FDP, Anm. d. Red.) sagt: Es gibt sie nicht. Wer hat denn jetzt Recht?
Herbert Reul (NRW-Innenminister, CDU): Das wissen wir beide nicht genau. Darum geht es auch weniger. Es geht im Moment darum, die Bundesregierung zu beauftragen, zu prüfen, ob es sie gibt und wo es sie gibt. Wir müssen feststellen: Gibt es in Syrien Gebiete, in die man Menschen zurückführen kann, ohne dass sie einer Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt sind, oder gibt es sie nicht? Es gibt Hinweise, dass es solche Gebiete geben könnte. Deshalb muss man es prüfen und dann kann man auch entscheiden, ob man zurückführt oder nicht.
DOMRADIO.DE: Haben Sie sich mit Ihrem Minister-Kollegen Stamp abgestimmt?
Reul: Ja, und der Konsens geht dahin, dass wir uns beide einig sind, dass keiner von uns sagt: Morgen soll abgeschoben werden. Zweitens: Es geht nur um Gefährder und kriminelle Straftäter, die ja – finde ich – mit Fug und Recht abgeschoben werden müssten, wenn es geht. Und wir sind uns drittens einig, dass die Bundesregierung aufgefordert werden soll, zu prüfen, ob und wo es Gebiete gibt, in die man zurückführen könnte.
Wir haben eine ähnliche Debatte in Afghanistan. Es gibt kluge Menschen, die sagen, dass die Lage in Afghanistan weniger sicher ist als in bestimmten Teilen von Syrien. Ich war nicht da, ich kann es nicht beurteilen. Aber einfach verdrängen und nicht handeln kann man auch nicht.
DOMRADIO.DE: Ein weiteres Thema bei der Innenministerkonferenz ist das Kirchenasyl. Die SPD sagt, dass das Kirchenasyl durch die Union kriminalisiert wird. Wie ist da Ihr Standpunkt?
Reul: Darum geht es überhaupt nicht. Kirchenasyl gibt es, Kirchenasyl ist akzeptiert. Ich kenne keinen vernünftigen Menschen, der das nicht akzeptiert. Die Frage ist nur, ob wir das in der Art und Weise handhaben, wie wir das heute machen. Wir haben über 1000 Fälle in Deutschland, darunter auch Fälle, bei denen es um Asylbewerber geht, die rechtskräftig entschieden abgeschoben werden sollen. Da kann man mal die Frage stellen, ob es über 1000 Fälle gibt, wo ein Kirchenasyl zwingend realisiert werden muss. Ich will wirklich das Kirchenasyl nicht in Frage stellen, aber wir müssen schon aufpassen, dass das klug und zielgenau angewandt wird.
DOMRADIO.DE: Im Moment sind überall – nicht nur hier bei uns am Dom – Weihnachtsmärkte. Wie sicher sind denn unsere Weihnachtsmärkte?
Reul: Es gibt auf dieser Welt und auch auf Weihnachtsmärkten keine hundertprozentige Sicherheit. Das ist die Wahrheit. Und wir leben in einer Zeit, in der die Gefahr von Anschlägen viel größer ist als vor vielen Jahren, weil der internationale Terrorismus insbesondere auch Deutschland zu seinem Anschlagsziel erklärt hat. Damit muss man umgehen.
DOMRADIO.DE: Welche Maßnahmen werden denn getroffen, um Weihnachtsmärkte möglichst sicher zu machen?
Reul: Es gibt sicher einige. Wir haben keine Anweisungen an die Städte und Gemeinden gegeben, sondern einfach nur gebeten, dass sie sich darum kümmern und es ortsadäquat machen. Jede Stadt hat andere Möglichkeiten. Wenn es einmal einen Weihnachtsmarkt gibt, dann kann man mit flexiblen Hindernissen wie Feuerwehrwagen oder Abschleppwagen sichern. Es gibt Städte, die mobile Pöller aufbauen, weil auf den Plätzen immer wieder Veranstaltungen stattfinden. Das ist natürlich eine super Lösung, allerdings auch teuer. Wir versuchen die Polizeipräsenz zu erhöhen. Aber nochmal: Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht.
DOMRADIO.DE: Bald ist schon Weihnachten. Sie haben drei Kinder. Sehen Sie die an Heiligabend?
Reul: Ja, ich habe drei erwachsene Mädchen. Zwei sind schon aus dem Haus, die dritte kurz davor. Aber wie jedes Jahr sind Heiligabend alle zu Hause. Die Älteste ist verheiratet, wird aber auch dieses Jahr Heiligabend nach Hause kommen. Das finde ich toll, darüber freue ich mich. Das wird sich mit der Zeit auch weiterentwickeln. Aber Weihnachten ist für meine Familie schon ein wichtiges Fest. Es ist ein toller Zusammenhalt geblieben, obwohl der Vater viel unterwegs war in seinem Leben.
Das Interview führte Tobias Fricke.