Der Irak "ist ein reiches Land voller Möglichkeiten", sagt der Apostolische Nuntius Alberto Ortega Martin Radio Vatikan. Aber das Land steckt in einer tiefen Krise, die humanitäre Situation vor Ort beschreibt er als schwierig. "Es gibt eine riesige Zahl an Vertriebenen mit etwa 3,5 Millionen Menschen, es gibt eine starke wirtschaftliche Krise, mit sehr vielen Herausforderungen, vor denen das Land steht. Die Vereinten Nationen haben sich engagiert, aber die Hilfsgelder sind nur zu einem Teil angekommen, nicht einmal zur Hälfte. Wie der Papst bereits viele Male beklagt hat, gibt es viel Geld für Waffen, und wenig Geld für die Menschen und ihre Nöte."
Auf humanitärer Ebene erwarte er eine sehr schwere Krise: "Wir bereiten uns schon vor, denn wir können nicht einfach improvisieren, wenn es soweit ist. Was ziemlich vorhersehbar ist, ist eine hohe Zahl an Flüchtlingen, eine Million, in kürzester Zeit. Es wäre eine Notlage ohne Vergleich in der jüngeren Geschichte."
Dialog bedeutet Zukunft
Auch die politische Lage sei nicht stabil - Schwierigkeiten im Parlament, keine dauerhafte Regierung.Dabei müsse die politische Klasse mit gutem Beispiel vorangehen und sich für das Gemeinwohl einsetzen, meint Martin und appelliert an die Christen im Land: "Sie sind Vorbilder indem sie den Menschen Mut machen und ihren Beitrag für die Gesellschaft leisten. Die Christen sind immer Schöpfer des Friedens, des Reichtums, der Entwicklung und diese Aufgabe wollen sie auch weiterhin gemeinsam mit anderen Religionen übernehmen."
"Wenn der Extremismus bekämpft werden soll, müssen wir an die Wurzel gehen und gemeinsam eine Gesellschaft aufbauen, in der jeder einen Platz hat, wo gemeinsam gearbeitet wird, es Dialog gibt. Davon hängt die Zukunft des Landes ab und auch die Zukunft der Christen, die, auch wenn sie in der Minderheit sind, einen unerlässlichen Beitrag leisten wollen."
Von den Christen lernen
Von dem Zeugnis dieser "wunderbaren Christen" könne auch er lernen, gibt der Nuntius zu. "Die Christen haben sehr gelitten. Sie haben alles verloren, um ihren Glauben aufrecht zu halten". Viele seien ins Ausland oder nach Kurdistan gegangen. Die übrigen wolle man nun ermutigen, "weil wir denken, das ihre Präsenz nicht nur für die Kirche sehr wichtig ist, aber für die ganze Gesellschaft. Nur wenn sie bleiben wollen, brauchen sie Sicherheit, Arbeit und ein Zuhause."