OB Schramma spricht von Skandal

Frühe Hinweise auf Probleme beim Kölner U-Bahn-Bau

Nach neuen Enthüllungen über die Vorgeschichte des Archiveinsturzes in Köln erhöht Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) den Druck auf die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB). "Ich fühle mich von den KVB hintergangen", sagte Schramma.

Autor/in:
Martin Teigeler
 (DR)

Er frage sich, warum man das Archiv nicht sofort evakuiert habe. Dies sei ein Skandal und eine Unverschämtheit. Die Stadt wolle "absolute Aufklärung", betonte Schramma. Auch intern wolle man klären, welche Behörden früh Kenntniss über Pannen beim U-Bahn-Bau hatten.

Bereits vor dem Einsturz des Stadtarchivs hatte es erhebliche Probleme an der benachbarten Baustelle für eine neue U-Bahn gegeben. Laut Baustellenprotokollen der KVB, über die Medien am Wochenende berichteten, soll schon im September 2008 ein sogenannter hydraulischer Grundbruch in diesem Baubereich passiert sein. Ein solcher Einbruch von Wasser und Boden gilt als wahrscheinlichste Ursache für das Unglück vom 3. März. Bei dem Einsturz waren zwei Menschen, die in Nachbargebäuden wohnten, getötet worden.

Die Stadt bestätigte am Freitagabend Vorabmeldungen von Zeitungen über den hydraulischen Grundbruch. In einem Schreiben an die KVB forderte Schramma eine Stellungnahme. Zudem teilte die Kommune mit, dass am 5. Februar wegen "Problemen mit der Wasserhaltung" Messungen durch die städtischen Vermesser, die als Dienstleister tätig waren, durchgeführt worden seien. Warum Kommune und KVB erst jetzt über die Vorgänge informierten, blieb offen.

Die KVB kündigten eine Überprüfung an. "Der Vorstand wird die Baustellenprotokolle, in denen von einem hydraulischen Grundbruch im September 2008 und von größeren eindringenden Wassermengen an den Fugen der Schlitzwände geschrieben wird, erneut genauestens prüfen und die notwendigen Schlussfolgerungen ziehen", hieß es. Alle Unterlagen lägen seit knapp zwei Wochen der Staatsanwaltschaft vor.

Eigene Nachforschungen hätten ergeben, dass im August 2008 Probleme bei der Wasserhaltung im Bauwerk dokumentiert wurden und es Untersuchungen unter dem Thema "kleiner hydraulischer Grundbruch" gab, teilte die KVB weiter mit. Im Bautagesbericht vom 8. September 2008 sei vermerkt worden: "Behinderung infolge erhöhtem Wassereintritt im Bereich des Brunnens B 3."

Wegen der Enthüllung der frühen Hinweise gerieten der Kölner Baudezernent Bernd Streitberger (CDU) und KVB-Vorstand Walter Reinarz (CDU) unter Druck. Der Kölner SPD-Fraktionschef und Landtagsabgeordnete Martin Börschel forderte Konsequenzen: "Für die Aufklärung wäre es besser, wenn Herr Streitberger und Herr Reinarz ihr nicht länger im Wege stehen."

Zahlreiche Künstler, Galeristen und Kulturschaffende haben in einem offenen Brief ihr Unverständnis über die Reaktionen der Verantwortlichen nach dem Einsturz des Stadtarchivs geäußert. Sie seien "persönlich und als Vertreter von Institutionen von dem Einsturz und dem unermesslichen kulturellen Verlust, der damit verbunden ist, bestürzt", heißt es in dem Schreiben.

Zu den Unterzeichnern gehören einem Zeitungsbericht zufolge der Sohn von Heinrich Böll, René Böll, sowie die Künstler Jürgen Klauke, Rosemarie Trockel, Marcel Odenbach und Curtis Anderson. Auch Architekten unterzeichneten den Brief. Die Stadt Köln wird aufgefordert, sich zu ihrem Mitverschulden zu bekennen.