Obama hat vor der möglicherweise entscheidenden Vorwahl in Texas die Nase vorn

Clinton startet Charme-Offensive

Hillary Clinton und Barack Obama waren beide ein paar Minuten zu früh in der Aula der Universität von Texas in Austin eingetroffen. Dort sollten sie am Donnerstagabend zu ihrer möglicherweise entscheidenden Fernsehdebatte im Rennen um die demokratische Präsidentschaftskandidatur antreten. Nun standen beide zusammen im Gang und wussten nicht so recht, was sie miteinander anfangen sollten.

 (DR)

Schließlich war es Clinton, die das Eis brach und Obama kumpelhaft mit "Hey Barack, wie geht's Dir", ansprach. Die beiden tauschten ein paar Sprüche über ihre Sicherheitsbeamten und deren Cowboystiefel aus, am Ende nahm Obama Clinton lachend in den Arm, bevor sie gemeinsam den Saal betraten. Hillary Clinton hatte sich offenkundig die Ratschläge ihrer Medienberaterin Mandy Grunwald zu Herzen genommen. Clinton sollte versöhnlich auf Obama zugehen, Frontalangriffe auf den beliebten Senator waren bislang nämlich sämtlich nach hinten los gegangen.

Diese sanftere Taktik, die sich durch die gesamten 90 Minuten zog, wurde von den TV-Kommentatoren und Analysten allerdings nach der Debatte als untrügliches Zeichen interpretiert, dass Clinton mit dem Rücken zur Wand steht. Obama hat die letzten 11 Vorwahlen gewonnen und wenn Clinton am 4. März nicht in Ohio, Rhode Island, Vermont und vor allem im bevölkerungsreichen Texas punktet, könnte ihre Kandidatur vorbei sein. Sogar Bill Clinton gab am Donnerstag in einer Wahlkampfrede in Beaumont, Texas, zu, dass seine Frau wohl keine Chance mehr habe, wenn sie in Ohio und Texas nicht gewinnt.

Dabei fällt rein rechnerisch am 4. März noch keine endgültige Entscheidung. Um beim Parteitag im August nominiert zu werden, benötigt einer der beiden Kandidaten 2025 Delegiertenstimmen. Bei den bisherigen Vorwahlen hat Barack Obama 1319 Delegierte auf sich vereinigt, Clinton 1250. Am 4. März werden insgesamt nur 444 weitere Delegierte gewählt, Barack Obama könnte demnach nach dem Termin in 12 Tagen höchstens 1763 zu Buche stehen haben. Allerdings würde es für Hillary extrem schwierig werden, bei den im April verbleibenden Wahlterminen noch auf die erforderlichen 2025 Delegierten zu kommen, falls sie in Ohio und insbesondere in Texas nicht gut abschneidet, wo es alleine um 228 Partei-Abgeordnete geht.

Differenzen zwischen Obama und Clinton verschwimmen
So war das Fernsehduell in der texanischen Hauptstadt Austin ein besonders brisantes für Clinton. Ihre Taktik der Versöhnlichkeit, die in der Erklärung gipfelte, sie sei "ausgesprochen stolz darauf, hier neben Senator Obama zu stehen", ist aber nach Ansicht von Kommentatoren gescheitert. Für den Wähler war nach dem Fernsehabend noch unklarer als zuvor, wodurch sich Clinton inhaltlich von Barack Obama abhebt.

Die Differenzen zwischen Obama und Clinton schienen zu verschwimmen. So waren sich die Kandidaten völlig in der Frage der Einwanderungsreform einig, die die 8,4 Millionen hispanischen Wähler in Texas besonders interessieren dürften. Sowohl Obama als auch Clinton wollen den 12 Millionen illegalen, zumeist lateinamerikanischen Immigranten in den USA einen Weg zur Bürgerschaft anbieten. Auch bei der Besteuerung höherer Einkommen und der Stärkung der Mittelschicht waren sie sich einig, ebenso wie bei der Investition in alternative Energien.

Streitpunkt war lediglich das Thema Gesundheitsreform, bei dem Clinton Obama vorwarf, mit seinem Plan der freiwilligen Versicherung keine Versorgung der gesamten amerikanischen Bevölkerung gewährleisten zu können. Außerdem knüpfte Clinton an das Verhandeln mit fremden Regierungen, wie etwa der neuen Regierung von Kuba, die Bedingung, dass diese sich zuerst zu echter Reform und zu Freiheit und Demokratie bekennen. Obama hingegen wiederholte sein John F. Kennedy-Zitat, dass man niemals aus Furcht verhandeln dürfe, aber auch niemals Furcht haben dürfe, zu verhandeln.

Von ddp-Korrespondent Heiko Thompson