Obamas Plädoyer für Homosexuellen-Ehe spaltet Religionsgemeinschaften

Lob und Kritik

US-Präsident Obama hat sich für die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen ausgesprochen und zieht damit die Kritik der katholischen Kirche auf sich. Diese leistet Widerstand gegen eine zunehmende Akzeptanz der Homosexuellen-Ehe in den Vereinigten Staaten.

 (DR)

US-Präsident Barack Obama hat mit seinem Bekenntnis zu gleichgeschlechtlichen Ehen sowohl Lob als auch Kritik bei Religionsgemeinschaften ausgelöst. Orthodoxe Juden sowie Baptisten und katholische Bischöfe erklärten ihren Widerspruch. Liberale Vertreter der anglikanischen Kirche und jüdischer Organisationen begrüßten die Äußerung.



Obama hatte sich am Mittwoch (Ortszeit) in einem Interview des Fernsehsenders ABC für eine Trauung von Homosexuellen ausgesprochen: "Für mich persönlich ist es wichtig, voranzugehen und zu betonen, dass gleichgeschlechtliche Paare heiraten können sollten." Maßgeblich für seine Meinung sei, dass er über seine Töchter Eltern kennengelernt habe, die die anders behandelt würden, weil sie homosexuell seien. Zuvor hatten sich auch Vizepräsident Joe Biden und Bildungsminister Arne Duncan positiv zu gleichgeschlechtlichen Ehen erklärt.



Chad Griffin vom Antidiskriminierungsverband "Human Rights Campaign" lobte Obama für seine Aussagen: Der Präsident habe "Millionen jungen schwulen und lesbischen Amerikanern" Hoffnung gemacht, dass der "amerikanische Traum" auch für sie gelte. In Deutschland würdigte der Grünen-Politiker Volker Beck Obamas Äußerungen als "mutig" und forderte einen entsprechenden Schritt der Bundesregierung.



Bischof: Ehe wird untergraben

Die katholische US-Bischofskonferenz kritisierte das Plädoyer Obamas. Kardinal Timothy Dolan, Vorsitzender der Konferenz, nannte die Äußerung "sehr betrüblich". "Wir können nicht schweigen angesichts von Worten und Taten, die die Institution der Ehe untergraben würden, den wahren Eckstein unserer Gesellschaft." Die jetzige Äußerung Obamas sei "leider nicht überraschend", sondern stehe in einer Linie mit anderen Aktionen, die die Institution Ehe unterhöhlten oder ignorierten.



Auch auf dem Feld der Familienplanung liegt die Kirche derzeit mit der US-Regierung im Streit. Obama will im Rahmen seiner Gesundheitsreform Arbeitgeber verpflichten, Beschäftigten kostenfreie Familienplanung zu ermöglichen. Dazu gehörten Verhütungsmittel und Sterilisation, auch die "Pille danach", die von manchen als potenziell abtreibend angesehen wird. Die gleiche Vorsorge soll für Studierende gelten.



Die katholischen Kirche betreibt Schulen, Krankenhäuser, soziale Dienste und Universitäten, die unter diese Regelung fallen würden. Die Bischöfe sehen darin einen Angriff auf die Grundrechte und richteten eine "Ad-hoc-Kommission für Religionsfreiheit" ein.



Lob von den Anglikanern

Lob erhielt der Präsident von Bischof Gene Robinson, dem ersten erklärt homosexuellen Bischof der anglikanischen US-Kirche. Obama stelle sich auf die richtige Seite der Geschichte, so der Bischof von New Hampshire. Ebenso klar und erwartbar die Kritik der Southern Baptist Convention: Der Präsident habe eine "kalkulierte, zweckpolitische Entscheidung getroffen, die die biblische Grundlage der Ehe komplett ignoriert", sagte Bryant Wright, Präsident der größten Baptistengemeinschaft weltweit.



Der republikanische Präsidentschafts-Herausforderer Mitt Romney bekräftigte, für ihn sei die Ehe als eine Verbindung zwischen Mann und Frau. Gleichgeschlechtlichen Paaren bestimmte Rechte einzuräumen, sei eine Sache der Bundesstaaten, so der mormonische Politiker. Erst am Dienstag hatte das republikanisch regierte North Carolina als 30. US-Bundesstaat die Homosexuellen-Ehe durch einen Verfassungszusatz abgelehnt.



Die "Orthodox Union", der Dachverband orthodox-jüdischer Gemeinden in den USA, betonte laut der Zeitung "Jewish Chronicle", das jüdische Religionsgesetz sei gegen homosexuelle Beziehungen. "Das Judentum lehrt zwar auch Respekt gegenüber anderen und verurteilt Diskriminierung, aber wir als orthodoxe jüdische Führer widerstreben jeder Bemühung, die Definition der Ehe auf gleichgeschlechtliche Verbindungen hin zu ändern", so der Verband. Es drohe ein Problem mit der Religionsfreiheit, wenn Glaubensgemeinschaften gegen ihre Überzeugung zur Anerkennung homosexueller Beziehungen gedrängt würden.



Auch Katholiken befürworten Homosexuellen-Ehe

Der "National Jewish Democratic Council", eine der demokratischen Partei nahestehende Organisation, äußerte sich erfreut über die "entschiedene Stellungnahme". Obama leiste damit einen Beitrag, "Amerika zu einem besseren Ort für alle Amerikaner zu machen". Lob erhielt Obama auch von Bischof Gene Robinson, dem ersten erklärt homosexuellen Bischof der anglikanischen US-Kirche. Obama stelle sich auf die richtige Seite der Geschichte.



In der US-Gesellschaft zeichnet sich seit längerem ein Einstellungswandel zur Homosexuellen-Ehe ab. Nach einer Studie des Meinungsforschungsinstituts Pew Research Center im Februar befürworten inzwischen 46 Prozent die Möglichkeit gleichgeschlechtlicher Ehen. Unter Katholiken ist demnach die Zustimmung überdurchschnittlich hoch: 52 Prozent sprächen sich dafür aus, 6 Prozentpunkte mehr als ein Jahr zuvor. Hingegen seien unter weißen Evangelikalen 74 Prozent mit einer Homosexuellen-Ehe nicht einverstanden.



In sechs Bundesstaaten - Connecticut, Iowa, Massachusetts, New Hampshire, New York und Vermont - sowie in der Hauptstadt Washington dürfen gleichgeschlechliche Paare heiraten. In den Staaten Washington und Maryland haben sich die Gesetzgeber für die Zulassung der Homosexuellen-Ehe ausgesprochen. Allerdings sind die Gesetze wegen erwarteter Volksbegehren noch nicht in Kraft.