In die 18 Männer nach ihrer Flucht aus aller Herren Länder während unseres Urlaubes eingezogen sind. Nach drei Wochen werden sie von Ehrenamtlern im Dorf mit einem Grillfest willkommen geheißen.
Das klingt gut. Und ist gut. Besonders, weil nicht alle die Männer willkommen heißen. Kurz nach ihrem Einzug in der Turnhalle tauchen Nazischmierereien im Dorf auf. Das regt viele Menschen auf - und sie demonstrieren gegen den dumpfen, braunen Hass: Der Pastor läutet nach der Abendmesse die Glocken und 250 Menschen kommen.
Bei diesem Begrüßungsgrillen vereinbaren die Große und ein junger Mann, dass sie ihm Deutsch bei bringe. Das beschert uns abends einen neuen Gast am Tisch. Der Gast übt deutsch, der Kleine Englisch. Wir haben viel Spaß.
Mitten im Lachen aber verschwindet unser Gast immer öfter. Eine Wand schiebt sich vor ihn, er spricht nicht, starrt leer vor sich hin. Erzählt zögerlich von der Flucht. Durch die Wüste. Übers Meer. Als bei der Überfahrt so viele aus seinem Boot ertranken. Lampedusa ist von Flüchtlingen überschwemmt, er kann weiterziehen. Drei Wochen später ist er hier.
Als einer von 250 000, die bis Ende Juli dieses Jahres übers Mittelmeer kamen. Alles riskierten für ein Leben in Europa. In dessen 28 Mitgliedsländern gerade mal 4% Flüchtlinge leben.
Auch als Schülerin habe ich mich schon gewundert. Fragte nach dem Leben. Nach Gerechtigkeit. Verstand damals schon nicht, warum Fortunas Rad mir Glück - und so vielen anderen Leid brachte. Wir nahmen gerade die Französische Revolution durch. Mir war, ich sei eines dieser jungen Adelsfräuleins. Teil einer unfasslich privilegierten Elite. Die von den Menschen des sogenannten "dritten Standes", unfasslich unterprivilegiert, hinweg gestürmt wurden. Weil sie nur so zu ihren Rechten kamen. Aber daran, dass alle Menschen die gleichen Rechte haben, ausnahmslos, daran hatte ich weder damals noch heute Zweifel.
All das geht mir beim Sommergartenfest durch den Kopf. Bei dem ich mich fühle wie in einem Schlossgarten. So viel Platz. So viel Essen. So viele Privilegien. Denke wieder an Fortunas Rad. Das uns oben, im Glück, sein lässt. Vielleicht damit wir teilen lernen. Unser Glück teilen.
Und unser Glück nicht zu unserem Leid wird.