"Die Kirchen waren nie ein Einheitsblock“ sagte Prof. Dr. Johanna Rahner, ökumenische Theologin, zu Beginn der Veranstaltung "Reformation und Katholizität“. Alleine schon die Ankündigung der bekannten Tübinger Theologin als "ökumenischer“ Theologin ließ die Besucher der Podiumsdiskussion im Französischen Dom am Berliner Gendarmenmarkt wissen, wohin die Reise geht. Zusammen mit dem ehemaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Wolfgang Huber, betonte Rahner: Die Verschiedenheit der beiden Konfessionen sei nicht besorgniserregend, sondern könne für beide Gewinn bringen.
"Das Grundprinzip des Katholischen ist die Reformation“ so Rahner, wobei die Tübingerin wie auch ihr evangelischer Gesprächspartner Huber die unterschiedlichen Bedeutungen von "katholisch“ und "evangelisch“ hervorhoben. Was bedeutet katholisch? Die Protestanten seien nicht katholisch, so Wolfgang Huber, zumindest nicht in der Bedeutung "allumfassend“. Die evangelische Kirche sei nichts desto trotz eine "Volkskirche“ scherzte Huber. Sie sei nämlich Volkskirche für die, die nicht zur Kirche gingen. Die Katholiken hingegen verstünden sich als "global player“. Dass beides aber eher zweitranging sei, daran ließen beide keinen Zweifel. Altbischof Huber berichtete wehmütig von seiner Zeit als Gemeindemitglied einer ökumenischen Kirchgemeinde, bei der die gegenseitige "eucharistische Gastfreundschaft“ seiner Zeit eines der schönsten Erlebnisse gewesen sei.
Eucharistie: "Machen wir das Fass auf"
Die gemeinsame Eucharistie ist nach wie vor in der Regel nicht möglich. Die Hoffnung darauf verbinde und so sei das Gemeinsame das "Hadern, Zweifeln und Fragen“, so Huber. Ein weiterer Punkt des Trennenden hingegen: Das Glaubensbekenntnis. Nur an einem Punkt unterschiedlich, wenn es um den Glauben an die "eine katholische“ bzw. an die "eine christliche“ Kirche gehe. Auch hier betonten beide Theologen, es ginge nicht um den Glauben an eine Konfession. "Jemand, der sich evangelisch nennt, kann genau so wenig zufrieden sein, wie jemand, der sich katholisch nennt“, so Wolfgang Huber. Katholisch sei hier aber "ein Verheißungswort, nicht eine Konfessionsbezeichnung".
Der Wunsch nach "Einheit“ wurde in den Reaktionen des Publikums deutlich. Das Bekenntnis beider Theologen zum gemeinsamen Glauben, wurde mit Applaus der Kirchentagsbesucher befürwortet. Einheit sei jedoch keine Entscheidung, die die Gläubigen träfen, so Huber. Bei allen Gemeinsamkeiten, die Hoffnung auf eine gemeinsame Eucharistie klang wie ein sich immer wieder erneuernder Aufruf an die Christen beider Konfessionen, bei diesem Thema nicht leiser zu werden. "Wir alle warten auf den Tag, an dem wir die eucharistische Feier gemeinsam feiern können“, sagte Huber. Die Gemeinschaft der Christen habe "das Recht, gemeinsam Eucharistie zu feiern. Punkt!“, stimmte Johanna Rahner mit ein.
"Kein theologisches Argument gegen die Frauenordination"
Ebenso polarisierend: Die Frauenordination. Einigkeit auch hier zwischen der "Katholikin“ und dem "Protestanten“. Beim gemeinsamen Beantworten der Besucherfragen wurde Johanna Rahner ebenso deutlich, wie ihr evangelischer Kollege. Es gebe "kein theologisches Argument gegen die Frauenordination“, so Rahner. Papst Franziskus würde jedoch "der Laden um die Ohren fliegen“, wenn schon über die Wahl zwischen der lateinischen und deutschen Messe gestritten würde.
"Beim ökumenischen Kirchentag 2021 wird diese Hoffnung hoffentlich eingelöst", so Altbischof Huber. Der Papst gehöre zu denjenigen, die diese Hoffnung mit Leben erfüllen, so Huber, der 2003 als Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz zum ersten ökumenischen Kirchentag einlud. Seitdem seien "beide ökumenischer geworden“. Man dürfe nur keine Angst haben und die Verschiedenheit nicht als Problemfall sehen. "Wir sind Christen, bevor wir evangelisch oder katholisch sind“, sagte Huber auf dem Podium im voll besetzten Sakralbau am Gendarmenmarkt.