DOMRADIO.DE: Junge Leute heutzutage für die Geschichte eines Mannes zu begeistern, der vor über 2000 Jahren gelebt hat, ist nicht ganz einfach, oder?
Alexander Bothe (Referent für Ministrantenpastoral und liturgische und kulturelle Bildung in der Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz/ afj): Die Jugendlichen heute sind natürlich bewegt von den gleichen Fragen wie alle Menschen heute und damals auch, nämlich der Frage, wie es einem selbst mit den persönlichen Brüchen, dem persönlichen Leid und den persönlichen Lebensfragen geht. Das mit der Frage zu verbinden, was es denn bedeutet, mit Gott unterwegs zu sein und mit Jesus Christus durch dieses Leben zu gehen, sind die Fragen, die bis heute existent sind und die die jungen Menschen auch bewegen. Wir geben uns Mühe, dafür entsprechende Impulse zu geben, um sie zu begleiten.
DOMRADIO.DE: Kreuzwege - gerade am Karfreitag - gibt es in den meisten Kirchen. Was ist das Besondere am Kreuzweg der Jugend?
Bothe: Wir haben eigentlich seit knapp 60 Jahren die Möglichkeit, jedes Jahr neu von dieser Kernbotschaft zu erzählen. Diese Kernbotschaft von Tod und Auferstehung ist die, die wir durch Sprache und Kunst gerade jungen Menschen entgegenbringen wollen. Das kann mal so sein, dass wir mit Jugendlichen zusammen Kreuzwege entwickeln, deren Kunst aufnehmen, deren Fragen aufnehmen. Das kann mal auch so sein, dass wir Kreuzwege weiterführen, die beispielsweise in einer Kirche vorhanden sind. Unsere Aufgabe und unsere Freude daran ist tatsächlich, die Impulse der jungen Menschen und die Fragen so miteinander zu koppeln, dass diese Kunst zu einer wird, die zum eigenen Leben dazugehört.
DOMRADIO.DE: Sie haben es bereits anklingen lassen. Vor 60 Jahren, im Jahr 1958, gab es den ersten offiziellen Jugendkreuzweg. Er sollte junge Christen in West und Ost vereinen. Und auch nach dem Bau der Mauer wurde er als "Gebetsbrücke" über die innerdeutsche Grenze verstanden. Deutschland ist längst wiedervereint. Wie könnte die Gebetsbrücke heute verstanden werden?
Bothe: Der Jugendkreuzweg ist durch diese lange Geschichte ein Kreuzweg der Jugendlichen aller Generationen geworden. Es gibt nach wie vor Menschen, die seit vielen Jahren - und manche sogar seit Jahrzehnten - auf dem Jugendkreuzweg unterwegs sind. Und natürlich ist unsere Zielrichtung auf der anderen Seite, gerade die jungen Leute der heutigen Zeit anzusprechen. Da geht es uns darum, alle Grenzen, gerade im Kopf, zu überwinden. Das kann medial der Fall sein. Wir haben Printerzeugnisse oder elektronische Erzeugnisse. Es geht aber auch darum, verschiedene Kunstrichtungen in jedem Jahr neu aufzugreifen und immer wieder neue Blickwinkel zu eröffnen.
DOMRADIO.DE: Dafür erstellen Sie jedes Jahr neu Materialien, die die Gemeinden für ihren Jugendkreuzweg nutzen können. Dieses Jahr unter dem Titel "#beimir". Was genau, kann man sich darunter vorstellen?
Bothe: Die Hashtags sind ein Symbol unserer Zeit. Sie stehen einerseits dafür, dass Schlagworte gebildet werden. Auf der anderen Seite stehen sie aber auch dafür, dass Themen gesetzt werden. Die Fragen "Wo ist eigentlich Jesus Christus bei mir? Wo ist er in meinen Lebenssituationen mit seinen Kreuzwegstationen?" haben uns in diesem Jahr besonders bewegt. Deshalb sind wir in der Street Art unterwegs. Wir haben auch sehr früh festgestellt, dass sich dieser Hashtag einerseits auf die Themenfrage "Wo ist er bei mir?" bezieht und er andererseits mit einem Doppelkreuz spielt. Wir haben auf der einen Seite den Kreuzweg, den Jesus damals gegangen ist und auf der anderen Seite die Lebensfragen, die mich heute bewegen und dieses Versprechen von Jesus, dass er diesen Kreuzweg jetzt auch geht.
DOMRADIO.DE: Zu den Materialien gehört auch ein USB-Stick in Kreuzform. Was hat es damit auf sich?
Bothe: Der USB-Stick trägt aufgedruckt ein Kruzifix, das aus dem letztjährigen Kreuzweg resultiert. Wir wollten bewusst dieses Symbol noch einmal aufgreifen, weil wir dazu viele Nachfragen bekommen haben. Auf diesem USB-Stick ist tatsächlich der komplette Kreuzweg. So läuft das, wenn wir versuchen, den Gemeinden - ob als Printerzeugnis oder als USB-Stick - alles zur Verfügung zu stellen, was sie brauchen, von Musik bis hin zu Texten.
DOMRADIO.DE: Ihre Materialien umfassen weiter unter anderem eine App, moderne geistliche Musik, zum Beispiel Elektropop und Fotos in einer Art Straßenkunst. Alles sehr modern und digital. Ist das heute ein Muss in der kirchlichen Jugendarbeit?
Bothe: Es ist eine Chance für uns, weil wir, wenn wir von der Botschaft erzählen wollen, einfach berücksichtigen können, dass 97 Prozent der Jugendlichen heute ein Smartphone hat. Es ist eigentlich für uns alle das Kerngerät im Alltagsleben. Die Möglichkeit zu haben, dass wir auf diesem Alltagsgerät unsere Botschaft erzählen können, heißt schlicht und ergreifend, dass wir dieses Gerät auch zu einem Teil unseres Weges mit und zu Gott machen können. Das ist das Besondere, was wir hier nutzen können. Das funktioniert dann mit dem Gruppengebet, aber es geht auch für jeden einzelnen. Es ist eine besondere Reichweite, die wir dadurch erzielen können.
Das Interview führte Hilde Regeniter.