Ökumenischer Kongress "Miteinander für Europa"

Versöhnung und Vergebung

Bei der Abschlusskundgebung des ökumenischen Kongresses "Miteinander für Europa" in München haben Bischöfe verschiedener Konfessionen ein Zeichen der Versöhnung und der Vergebung gesetzt.

Kirchenkongress "Miteinander für Europa"  in München / © Matthias Balk (dpa)
Kirchenkongress "Miteinander für Europa" in München / © Matthias Balk ( dpa )

Nach den Worten des Münchner Kardinals Reinhard Marx und des bayerischen Landesbischofs Heinrich Bedford-Strohm gehören Gebet und Handeln zusammen. Ein radikales Bekenntnis zu Christus bedeute auch radikalen Einsatz für die Schwachen, sagte Bedford-Strohm am Samstagabend in München. Dabei verwies er unter anderem auf das Engagement beider Kirchen in der Flüchtlingsarbeit. Marx stimmte zu und erinnerte daran, dass Gott nicht exklusiv, sondern für alle da sei. Deshalb gelte es, gemeinsam Christus zu bezeugen.

Beide betonten die starke Verbindung ihrer Kirchen. "Wir sprechen nicht von einem evangelischen, katholischen oder orthodoxen Christus. Es ist der eine Herr, von dem wir reden", sagte Bedford-Strohm. Er verwies darauf, dass die Protestanten 2017 erstmals ein Reformationsgedenken nicht zu ihrer Selbstprofilierung feierten. Im Geiste von Martin Luther solle es ein Christusfest mit den Katholiken werden. Marx wiederum tat den Wunsch kund, dass dann deutlich werden möge: "Diese Christen bekommen wir nicht mehr auseinander. Die gehören zusammen."

Videobotschaft des Papstes

Die beiden Bischöfe waren die letzten Gäste der Abschlusskundgebung des Kongresses "Begegnung.Versöhnung.Zukunft" in München, veranstaltet von der Initiative "Miteinander für Europa". Dazu hatten auch Papst Franziskus und der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. Videobotschaften geschickt, in denen sie die Christen aufriefen, für ein vereintes Europa einzutreten. Papst Franziskus warnte in seinem Grußwort an die Teilnehmer vor neuen sichtbaren und unsichtbaren Mauern in Europa. Gerade die nicht sichtbaren Mauern wie Angst, aggressive Töne in der Politik und gegenüber Menschen aus anderen Ländern würden immer größer. Dabei gehe die Achtung vor dem Leben und der Würde der Menschen zusehends verloren, mahnte der Papst. Deshalb seien Bewegungen wie "Miteinander für Europa" so wichtig.

Europa finde sich in einer komplexen Welt vor, die ständig in Bewegung, immer stärker globalisiert und von daher immer weniger eurozentrisch sei, gab der Papst zu bedenken. Wenn diese epochale Problematik erkannt werde, "müssen wir den Mut haben zu sagen: Wir brauchen Veränderung". Europa sei aufgerufen, zu reflektieren und sich zu fragen, ob sein enormes, vom Christentum geprägtes Erbe noch fähig sei, die Kultur zu inspirieren und seine Schätze der ganzen Menschheit zu schenken.

Beispiellose Herausforderungen

Vielleicht habe es noch nie eine solche Notwendigkeit gegeben, zusammenzustehen und solidarisch zu handeln, ergänzte Bartholomaios und betonte die Bedeutung von Bewegungen wie "Miteinander für Europa". Die Welt stehe vor "beispiellosen Herausforderungen, die uns zwingen, vereint zu sein, zusammenzuarbeiten und einander zu unterstützen", sagte der Patriarch. Es seien vor allem die Christen in Europa aufgerufen, ihre Werte hochzuhalten.

Der Gründer der katholischen Laieninitiative Sant'Egidio, Andrea Riccardi, rief zum Bau von Brücken zwischen den Menschen auf. Alle Christen und all jene, denen die Zukunft Europas am Herzen liege, sollten sich dafür einsetzen. Sein Anliegen trug der Präsident von Sant'Egidio, Marco Impagliazzo vor. Riccardi konnte nicht wie geplant anwesend sein, da er für eine neue Friedensmission kurzfristig nach Mosambik reisen musste.

Gemeinsames Abendmahl

Kurienkardinal Kurt Koch, der württembergische evangelische Landesbischof Frank Otfried July und der rumänisch-orthodoxe Metropolit Serafim sprachen zum Abschluss des Treffens ein gemeinsames Gebet und umarmten sich. Bischof July sagte, die Kirchen sollten in der Frage eines gemeinsamen Abendmahls schneller vorankommen. Vor allem gemischt-konfessionelle Ehepaare litten unter dieser Trennung am "Tisch des Herrn".

Landesbischof July, der auch Vizepräsident des Lutherischen Weltbundes ist, nannte als ermutigende Erfahrung das gemeinsame Engagement der großen Kirchen für die Flüchtlinge. Diese ökumenische Erfahrung sei ein großes Zeugnis der Kirchen in Europa gewesen, sagte July vor mehreren Hundert Christen verschiedener Glaubensrichtungen auf dem Münchner Karlsplatz.

Kardinal Koch, "Ökumene-Minister" im Vatikan, hob hervor, dass die Christen unterschiedlicher Konfessionen in den letzten Jahren die Bedeutung der gemeinsamen Taufe wiederentdeckt hätten. Dadurch seien sie sich nähergekommen, die Geschwisterlichkeit unter ihnen gewachsen und ein "weltweites Netz der Freundschaft" entstanden. Metropolit Serafim wies auf die großen spirituellen Verbindungen unter den Christen hin. Die geistigen Gemeinschaften hätten viel für die wachsende Einheit der Kirchen geleistet.

Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre

Nach dem Gebet, bei dem sich die drei Theologen und die Menschen auf dem Platz an den Händen fassten, öffneten die Bischöfe ein mit Brettern versperrtes Burgtor, das neben der Bühne aufgebaut war. Durch das Tor trugen Jugendliche die Flaggen der europäischen Länder.

Die Initiative "Miteinander für Europa" entstand nach der Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre. In dem Dokument erklärten die katholische Kirche und der Lutherische Weltbund 1999 nach jahrelangen theologischen Debatten, dass eine der zentralen Lehraussagen der Reformatoren heute keine Kirchentrennung mehr begründen kann. Inzwischen haben sich weitere Konfessionen dem Konsens angeschlossen.


Marco Impagliazzo (links) mit Kanzlerin Merkel / © EPA/ALESSANDRO DI MEO (dpa)
Marco Impagliazzo (links) mit Kanzlerin Merkel / © EPA/ALESSANDRO DI MEO ( dpa )
Quelle:
KNA , epd
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