Vom 31. August bis 8. September kommt der weltweite Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) in Karlsruhe zu seiner 11. Vollversammlung zusammen.
Erwartet werden etwa 5.000 Vertreterinnen und Vertreter von christlichen Kirchen und Gemeinschaften aus 140 Ländern. In theologischem Austausch, bunten Gottesdiensten, ansprechendem Kulturprogramm und gesellschaftspolitischen Diskussionen soll die Vielfalt von christlichen Kirchen weltweit erlebbar werden.
Zugleich wollen die Christen über Kirchengrenzen hinweg ein Signal für Frieden, Klimaschutz und Antirassismus senden. Die Planer hoffen, dass dies trotz Corona-Pandemie möglich sein wird.
Zum ersten Mal in Deutschland
Dabei tagt die nur alle sechs bis acht Jahre einberufene Mega-Konferenz zum ersten Mal in Deutschland; letzter europäischer Gastgeber war das schwedische Uppsala: vor mehr als einem halben Jahrhundert im Jahr 1968.
"Damals hat das Miteinander der christlichen Kirchen enormen Schwung aufgenommen. Eine Geburtsstunde der ökumenischen Bewegung", sagt Marc Witzenbacher, der das deutsche Vorbereitungsteam der Versammlung in Karlsruhe leitet. "Wir hoffen, dass wir auch in diesem Sommer neue Impulse setzen können. Wir können kaum die Einheit der Christen voranbringen, wenn wir nicht die christliche Vielfalt weltweit erkennen und erleben."
Die geschichtlichen Wurzeln des ÖRK liegen bereits in Studentenbewegungen des 19. Jahrhunderts sowie in den - vor allem von orthodoxen Christen - verfolgten Plänen, einen internationalen Kirchenbund zu schmieden. Vorbild sollte der Völkerbund sein.
Realität wurden die Pläne aber erst nach Ende der Verwüstungen des Zweiten Weltkriegs. Die Gründungsversammlung trat 1948 in Amsterdam zusammen - damals waren 147 Mitgliedskirchen dabei. Heute sind es rund 350 Kirchen verschiedener Ausprägungen aus allen Weltregionen.
Römisch-katholische Kirche kein Vollmitglied
Die römisch-katholische Kirche ist kein Vollmitglied, versteht sich aber als enger Partner des ÖRK. Einer Mitgliedschaft stehen noch immer theologische und kirchenpolitische Grundhaltungen, etwa zu Amtsverständnis, zur Eucharistie oder zum Primat des Papstes, entgegen. Zudem ist die weltweite Zahl der Katholiken mehr als doppelt so groß wie die aller anderen Kirchen zusammen.
In der vor allem von evangelischer und katholischer Kirche geprägten Religionslandschaft in Deutschland wird der katholisch-evangelische Dialog dennoch ein große Rolle in Karlsruhe spielen. Papst Franziskus hat eine Grußbotschaft angekündigt. Die vatikanische Delegation zum Treffen wird vom Ökumeneminister Kardinal Kurt Koch geleitet.
Geplant sind auch interreligiöse Gespräche, etwa mit Muslimen und Juden. Im Karlsruher Schloss wird ein eigenes Zentrum für den Dialog der Religionen eingerichtet. Hier sollen auch Themen wie Antisemitismus und Antiislamismus zur Sprache kommen. Die Katholiken in Karlsruhe stellen Kirchen und weitere Tagungsräume für den ÖRK bereit.
Zugleich ist auch die Bandbreite innerhalb der ÖRK-Mitgliedskirchen enorm, sowohl theologisch wie gesellschaftspolitisch. Die Vollversammlung will hier Debattenräume eröffnen, um Themen und Leitlinien für die ÖRK-Arbeit der kommenden Jahre eröffnen. Ein politischer Streitpunkt ist immer wieder die Haltung der Kirchen im Nahost-Konflikt. Kritiker werfen dem ÖRK vor, einseitig Partei für die Nahost-Christen und gegen Israel zu übernehmen.
Transparentes Angebot gestalten
Christian Besau, einer der deutschen Delegierten für die Versammlung, macht sich für einen Austausch über Menschenrechte und Inklusion bei der Versammlung stark. "Derzeit können sich alle Delegierte in Online-Vorabberatungen zu gewünschten Themen und Ideen abstimmen."
Wichtiges Anliegen des ÖRK ist es, die Vollversammlung nicht als geschlossene Veranstaltung, sondern als offenes und transparentes Angebot zu gestalten.
Es gibt zahlreiche Teilnahmemöglichkeiten für Interessierte. Von einzelnen Veranstaltungen bis zur intensiven Mitarbeit in entsprechenden Gastprogrammen. "Karlsruhe will die ganze Bandbreite christlicher Kirchen weltweit erfahrbar machen", sagt Witzenbacher. Angeboten werden auch Workshops in einem internationalen Musik-Zentrum.
Noch bleibt eine Unsicherheit, ob alle Teilnehmerinnen und Delegierte einreisen dürfen - etwa wenn sie mit in Europa nicht anerkannten Corona-Impfstoffen geimpft sind. Dem Vernehmen nach hat das Auswärtige Amt positive Signale gegeben.