DOMRADIO.DE: In der aktuellen Debatte scheint vergessen worden zu sein, dass man Mesut Özil auch als ein Beispiel für gelungene Integration sehen kann, oder?
Dennis Fink (Bildungsreferent der DJK Sportjugend): Das ist definitiv so. Mesut Özil ist selbstverständlich gut integriert. Er ist in Deutschland aufgewachsen, er engagiert sich auch weiterhin in Deutschland. Er hat hier seinen Schulabschluss erworben, Freunde gefunden und auch in der DJK Fußball gespielt. Mesut Özil hat in Gelsenkirchen beim DJK Westfalia Gelsenkirchen als Kind mit dem Fußball angefangen. Von daher gehe ich einfach mal schwer davon aus, dass auch sein Werte- und Rechtsverständnis, welches sicherlich auch durch den Sport geprägt wurde, einwandfrei sind.
DOMRADIO.DE: Jetzt wird er aber von vielen als Beispiel für gescheiterte Integration angeführt. Da läuft irgendwie was falsch in der Diskussion, oder?
Fink: Das ist ein generelles Problem. Wir dürfen nicht von diesem Bild von Özil mit dem türkischen Präsidenten Erdogan auf die gesamte Debatte der Integration in Deutschland schließen. Damit werden wir der Diskussion und auch dem, was wir im Sport leisten, nicht gerecht.
DOMRADIO.DE: Sollten das Sportliche, das Politische und das Private in dieser Diskussion eigentlich getrennt voneinander betrachtet werden?
Fink: Das ist definitiv mein Eindruck. Hier werden viele Sachen miteinander vermengt. Wir sollten die ganze Diskussion auch ein wenig herunterkochen und uns in Ruhe anschauen, was hier eigentlich passiert ist. Und dann können wir wieder anfangen, sachlich und differenziert über Integration und Sport zu diskutieren.
DOMRADIO.DE: Der DJK unterstützt das Projekt "Integration durch Sport". Was kann denn Sport dazu beitragen, dass Integration besser gelingt?
Fink: Das machen ja ganz viele Sportverbände und Vereine. Wir engagieren uns da natürlich auch. Da möchte ich explizit aber auch den DFB nennen, der im Bereich der Integration eine ganz hervorragende Arbeit leistet. Dort werden seit Jahren Programme betrieben, die die Integration erfolgreich fördern. Der DRK-Sportverband tut dies mit Programmen, die Integration in Deutschland fördern und auch Kinder und Jugendliche mit erschwerten Zugangsbedingungen zum Sport bringen möchten.
Da gibt es unterschiedliche Sachen. Das geht mit der Bereitstellung von Materialien, um Integration gelingen zu lassen, los. Weiteres Beispiel sind Bälle und Trikots. Aber es gibt auch Bildungsmaßnahmen: Da werden Trainer auf ihre Arbeit vorbereitet, damit sie mit der Vielfalt umgehen und die positiven Effekte von Vielfalt auch nutzen können. Da engagieren wir uns stark.
Ganz nebenbei ist ja der Sport – und das ist ja das Schöne am Sport – durch seinen niedrigschwelligen Zugang eine ganz hervorragende Voraussetzung, um Integration gelingen zu lassen und zu fördern. Sie brauchen ja mitunter nicht mal die Sprache sprechen, um von Anfang an auch mitmachen zu können. Und über den Sport – und das ist ja unser Ansatz von der DJK als katholischer Sportverband – Werte zu vermitteln. Unser Motto ist "Sport um der Menschen willen". Die katholische Ausrichtung und die Botschaft Jesu mit ihren Wertvorstellungen und Massstäben bilden dabei für uns natürlich die Grundlage.
DOMRADIO.DE: Und das spiegelt sich dann zum Beispiel in so einer bunt gemischten Truppe, die da zusammen kickt?
Fink: Selbstverständlich! Die Vereine stehen für jeden offen, unabhängig von sexueller Ausrichtung, Religion oder Herkunft. Wir haben mittlerweile einen Migrationsanteil, ohne den gar keine Spiele mehr stattfinden würden. Es ist also nicht nur ein Wunsch, sondern auch eine Notwendigkeit, dass Integration und Migration gelingt!
DOMRADIO.DE: Können wir aus dieser aufgeregten Diskussion am Ende vielleicht doch auch etwas Gutes herausholen?
Fink: Auf jeden Fall richtet die Diskussion jetzt nochmal den Fokus auf Integration. Wir vom Sport freuen uns natürlich – auch wenn es jetzt einen negativen Beigeschmack hat – immer, wenn der Blick auf die Integration in Sportvereinen gelenkt wird. Wir suchen natürlich immer Freiwillige und Engagierte für den Sport. Und wir haben hoffentlich jetzt auch über diese Diskussion wieder ein wenig die Aufmerksamkeit der Politik, die über Gelder selbstverständlich auch gerne die erfolgreiche Integrationsarbeit in den Sportverbänden bis in die Vereine hinein unterstützen darf. Vielleicht ist es ganz gut, dass es jetzt noch mal zu dieser Diskussion kommt.
Alles in allem – und da müssen wir uns einfach mal der Realitäten gewahr werden – läuft es gut im Sport! Und wir sind auf einem richtigen Weg. Wir sollten jetzt feststellen, wo wir stehen. Und dann vielleicht als Nächstes überlegen, wo wir hin möchten. Als Zwischenbilanz würde ich aber kein so negatives Resümee ziehen, wie es im Moment in der Presse und der Gesellschaft zum Teil dargestellt wird.
Das Interview führte Hilde Regeniter.