Orden der Salesianer Don Boscos feiert sein 150-Jahrjubiläum

Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen

In diesem Jahr gibt es beim Orden der Salesianer Don Boscos gleich doppelten Grund zum Feiern: das Gründungsjubiläum und die Heiligsprechung Don Boscos vor 75 Jahren. Am Samstag beginnt in Bonn eine Festwoche, die dann in anderen Orten Deutschlands fortgesetzt wird. Zum Festakt am Sonntag wird in München auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, erwartet. Lesen Sie hier ein Interview mit dem deutschen Provinzial, Pater Josef Grünner.

Autor/in:
Barbara Just
 (DR)

KNA: Pater Grünner, die negativen Seiten der Industrialisierung ließen Don Bosco Ende des 19. Jahrhunderts in Turin aktiv werden, jungen Menschen zu helfen. Ist dieser Ansatz heute noch aktuell?
Grünner: Erstaunlich aktuell. Was er Pädagogik der Vorsorge nannte, bezeichnen wir heute als Präventionsarbeit. Don Bosco war überzeugt, jeder junge Mensch hat einen guten Kern. Zuerst arbeitete er mit Jugendlichen, die im Gefängnis waren. Seine Devise lautete: Fördern und fordern. Vor allem aber brauchen Jugendliche Anerkennung. Wer merkt, dass er ernst- und angenommen wird, ist bereit, sich einzulassen. Nicht nur Gesetze und Regeln sind wichtig. Erziehungsarbeit hat immer mit Beziehung zu tun.

KNA: Seit wei Jahren ist Ihr Orden in Berlin-Marzahn vertreten.
Grünner: In dem Plattenbauviertel haben wir uns mit einer Schwesterngemeinschaft und einem nichtkirchlichen Träger zusammengetan. Dort bieten wir jungen Leuten ohne Schulabschluss und Arbeit Qualifizierungsmaßnahmen an. Es ist eine sensible Tätigkeit.
Wir leisten auch nachgehende Jugendsozialarbeit, indem wir in die Wohnungen und Familien gehen.

KNA: Stichwort Jugendkriminalität: Wie gehen Sie damit um?
Grünner: Pädagogisch. In manchen Einrichtungen haben wir Gruppen mit kriminell gewordenen Jugendlichen. Dazu gehören Sexualstraftäter ab
14 Jahren, die neben Therapie und Begleitung eine Ausbildung machen.
Sie sollen ja eine Zukunft bekommen. Vor einem Jahr hat es in Hessen heftige Diskussionen gegeben. Der Orden ist dort dabei, in einer Einrichtung eine neue Gruppe für straffällige Jugendliche aufzubauen. Ich habe damals gefordert, die Sache aus dem Wahlkampf herauszuhalten, sonst ziehen wir uns zurück.

KNA: Was ist aus Ihrem Vorhaben geworden?
Grünner: Wir werden mit der Arbeit weitermachen. Allerdings kommt irgendwann die Diskussion, ob solche Jugendliche während ihrer Therapie aus der Einrichtung raus dürfen. Grundsätzlich vertreten wir den Ansatz: Geschlossen und dicht in der Pädagogik, aber nicht hinter Mauern.

KNA: Leisten in Ihren Einrichtungen auch junge Leute ihre vom Gericht auferlegte Sozialarbeit ab?
Grünner: Ja. Das ist viel stärker verbreitet als es den Anschein hat. Das muss in der Umgebung der Einrichtung dann nicht groß bekanntwerden, weil sonst schnell Vorurteile und Ängste entstehen können. Diese Jugendlichen brauchen Begleitung und Betreuung, damit sie regelmäßig kommen.

KNA: So positiv Ihr Ansatz ist, Rückschläge wird es geben ...
Grünner: Das stimmt. Manchmal muss man einsehen, dass es für einen Jugendlichen vielleicht der falsche Ort oder die falsche Forderung ist. Dann gilt es zu überlegen, wie man den Jugendlichen noch besser helfen kann. Die Grenzen, die jemand hat, muss man ernst nehmen.

KNA: Wo ist Don Bosco für Sie und Ihre Mitbrüder Vorbild?
Grünner: Es ist seine Haltung gegenüber jungen Menschen und sein Einsatz. Er hat sich Zeit genommen für sie und gefragt, wie man helfen kann. Wir wollen den Jugendlichen zudem eine tragende Grundlage aus dem Glauben geben, auf der sie aufbauen können.

KNA: Don Bosco fand unter den jungen Leuten Nachwuchs für seinen Orden...
Grünner: Er rekrutierte nicht nur Nachwuchs, sondern traute, ja mutete den jungen Leuten viel zu. So übertrug er einem 19-Jährigen die Kasse. Uns ist wichtig, dass junge Menschen mitreden und mitüberlegen. Natürlich würden wir uns wünschen, dass viele durch den Kontakt mit uns ihre Berufung entdecken, auch aus den Reihen der Mitarbeiter wie etwa Zivildienstleistende oder Volontäre. Doch wir sind zuversichtlich. Im Sommer wollen fünf junge Männer ins Noviziat gehen. Der Altersdurchschnitt aller 334 Mitglieder in der Deutschen Provinz liegt bei 63 Jahren. Wir haben nicht zu viele alte Mitbrüder, sondern zu wenig junge, wie ich immer sage.

KNA: 2007 wurden beim Provinzkapitel Eckpunkte für die Zukunft verabschiedet. Wie weit sind Sie in der Umsetzung?
Grünner: Die Eckpunkte haben bei Entscheidungen geholfen, wie etwa bei der Schließung von Einrichtungen oder neuen Projekten. So haben wir uns in Konstanz von einer Jugendherberge und einem Jugendwohnheim getrennt. Im Schwarzwald wollen wir die Trägerschaft von einem Schülerwohnheim abgeben. Uns ist wichtig, dass sich eine Einrichtung soweit wie möglich selber trägt. Unsere Mitarbeiter möchten, dass vor Ort Mitbrüder präsent bleiben und sie erwarten, dass man den Geist Don Boscos lebt und mit ihnen teilt.

Hintergrund
Den Spruch "Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen" kennt fast jeder aus Poesiealben. Zurück geht er auf Johannes Don Bosco (1815 bis 1888), der vor 150 Jahren einen neuen katholischen Orden gründete. Don Bosco war unverbesserlicher Optimist. Ohne eine gehörige Portion Gottvertrauen hätte er es wohl auch kaum auf sich genommen, in Turin bedürftigen Jugendlichen zu helfen, die im beginnenden Industriezeitalter auf der Strecke geblieben waren. Dabei ließ sich der Priester nicht beirren, wenn im Klerus über ihn geredet wurde, weil er sich auch mit Ex-Häftlingen abgab.

Der Geistliche wollte benachteiligte junge Leute mit einer Ausbildung fitmachen fürs Leben. Bis heute fühlen sich die Salesianer Don Boscos diesem Auftrag verpflichtet. In diesem Jahr gibt es gleich doppelten Grund zum Feiern: das Gründungsjubiläum und die Heiligsprechung Don Boscos vor 75 Jahren. Am Samstag beginnt in Bonn eine Festwoche, die dann in anderen Orten Deutschlands fortgesetzt wird. Zum Festakt am 30. Januar wird in München auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, erwartet.

Der reist einen Tag später gleich weiter ins oberbayerische Benediktbeuern zum großen Don Bosco Fest. Im Voralpenland, wo die Salesianer neben Aktionszentrum, Jugendherberge, Zentrum für Umwelt und Kultur auch ihre Philosophisch-Theologische Hochschule haben, wird künftig ein neues Bild von Sieger Köder hängen. Der bekannte schwäbische Priestermaler hat es zum Jubiläum geschaffen. Es zeigt den Ordensgründer, wie er hinter einer Holzwand mit zwei Handpuppen die biblische Geschichte des barmherzigen Vaters nachspielt. Im Publikum taucht er ein zweites Mal inmitten seiner Schützlinge auf und zeigt so, wie das Evangelium Gestalt annimmt.