Kein Land der Welt habe bislang Geschlechtergerechtigkeit erreicht, kritisierte die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung am Freitag. An vielen Orten drohe durch Corona ein Rückschritt. Auch der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) und der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) erklärten, die wirtschaftlichen und sozialen Kosten der Corona-Pandemie träfen Frauen wesentlich stärker. Das gelte etwa für die Verteilung der Aufgaben im Haushalt, bei der Kinderbetreuung und beim Homeschooling.
Das Hilfswerk Brot für die Welt und die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung KAB verwiesen auf die Folgen von Corona für Frauen und Mädchen weltweit. Die Gefahr sei groß, dass besonders Mädchen in Ländern des globalen Südens nach der Pandemie nicht mehr in die Schule zurückkehrten, sagte Dagmar Pruin, Präsidentin von Brot für die Welt.
Der KAB-Bundesvorsitzende Andreas Luttmer-Bensmann verwies auf die prekäre Situation von Frauen in Textilfabriken in Bangladesch, Myanmar, Indonesien und Pakistan. Sie hätten in Folge des Lockdown ihre Arbeit verloren und könnten ihre Familien nicht mehr versorgen.
Gleichberechtigung in Deutschland?
Auch aus Sicht von Frauen in Deutschland ist die Gleichberechtigung noch lange nicht verwirklicht. Das geht aus einer Allensbach-Umfrage für die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) hervor.
Rund drei Viertel der Frauen sehen danach noch großen Handlungsbedarf. 22 Prozent sehen die Gleichberechtigung weitestgehend als verwirklicht an.
Insbesondere sprachen sich die Befragten für die gleiche Bezahlung von Männern und Frauen aus (86 Prozent). Weitere wichtige Themen sind die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen (84 Prozent) und ein härteres Vorgehen gegen sexuelle Belästigung (80 Prozent).
Gewalt gegen Frauen
Die Gesellschaft für bedrohte Völker erinnerte an die Gewalt gegen weibliche Angehörige von Minderheiten in der chinesischen Provinz Xinjiang. Innerhalb und außerhalb der Lager sei etwa sexualisierte Gewalt sehr verbreitet. Europa reagiere "völlig unzureichend auf die immer brutaleren Vergehen".
Der Bundesverband Lebensrecht verwies auf die Ausbeutung von Frauen etwa in Indien oder Thailand, die "als Gebärmaschinen unter hohen Gesundheitsgefahren die genetischen Kinder wohlhabender weißer Paare aus Industrieländern austragen". Zudem sei in vielen Staaten die gezielte Abtreibung von Mädchen üblich.
Das Hilfswerk terre des hommes beklagte, dass die Zahl der Kinderehen infolge der Covid-19-Pandemie zunehme. Eltern glaubten, ihre Töchter so vor Armut und Gewalt zu schützen.
Das katholische Lateinamerikahilfswerk Adveniat verwies auf massive Gewalt gegen Mädchen und Frauen im südlichen Amerika. "Allein in Mexiko wurden im vergangenen Jahr 3.723 Frauen ermordet", erklärte Hauptgeschäftsführer Michael Heinz. In Corona-Zeiten meldeten zahlreiche Länder einen starken Zuwachs von häuslicher Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Hinzu kämen immer mehr tödliche Übergriffe gegen Migrantinnen auf der Flucht oder in ihren neuen Heimatländern.
Initiative für Ordensfrauen
Das katholische Hilfswerk missio Aachen und die Initiative Voices of Faith machten sich für die Rechte von Ordensfrauen in der Kirche stark. Dazu starteten sie eine Social Media-Kampagne #sisterwhatdoyousay (auf Deutsch: #schwesterwirhoerendich) und veranstalten am Montag eine öffentliche Videokonferenz mit Ordensfrauen aus aller Welt.
"Was den Ordensschwestern in der Kirche angetan wird, die Verschwendung ihres Potenzials und die Geringschätzung ihrer großartigen Arbeit, die sie leisten - in vielen Fällen unentgeltlich - darf nicht mehr akzeptiert werden", sagte Mitinitiatorin Chantal Götz. Missio-Chef Dirk Bingener erklärte, mit Sorge sehe missio, wie Ordensfrauen in ihrer Arbeit unter vielfältigem Machtmissbrauch litten.