Organisator des Weltjugendtags 2005 zur damaligen Planungslage

Schwierige Absprachen mit dem Vatikan

Bereits drei Jahre vor dem Weltjugendtag 2005 in Köln wurde Herrmann-Josef Johanns als Organisator engagiert. Im domradio.de-Interview erzählt er von schwierigen Absprachen mit dem Vatikan und schlaflosen Nächten.

2015: Hermann-Josef Johanns wird Geschäftsführer (DR)
2015: Hermann-Josef Johanns wird Geschäftsführer / ( DR )

domradio.de: Können Sie sich noch erinnern, wann Sie das erste Mal gedacht haben, ob Sie das überhaupt alles schaffen?

Hermann-Josef Johanns: Das habe ich eigentlich schon in meinem Bewerbungsgespräch mit Pater Langendörfer und dem damaligen Generalvikar Norbert Feldhoff gedacht. Als ich dann nach Hause kam, habe ich meine Frau gefragt, warum die sich keinen anderen nehmen, der eher aus der Agentur- oder Veranstaltungswelt kommt? Wir wussten, was ein Weltjugendtag war, denn unsere Tochter war damals in den USA beim Weltjugendtag. Da war das aber alles noch nicht so organisiert und viel lockerer. Ich war dann total überrascht, als am frühen Morgen des nächsten Tages der Anruf von dem sogenannten "Headhunter" kam, den die Kirche beauftragt hatte. Der sagte, man möchte das ganz gerne mit Ihnen machen. Dann kamen nochmal einige Zweifel in mir auf, weil ich eben kein typischer Veranstaltungsmensch war. Ich habe im Nachhinein - als der Weltjugendtag fast schon vorbei war - mal Herrn Feldhoff gefragt, warum die Wahl auf mich gefallen sei. Er antwortete, man habe jemanden gesucht, der aus dem Management kam, der führen und Leute begeistern konnte. Unter den Voraussetzungen hatte man von mir offenbar einen guten Eindruck.

domradio.de: Sie waren vorher Manager beim Versicherungs-Konzern Gerling, also in der Privatwirtschaft. Beim Weltjungtag haben Sie dann mit Kirchenvertretern zusammengearbeitet. Mussten sich der Manager und die Monsignores damals erst zusammenraufen?

Hermann-Josef Johanns: Der große Unterschied liegt darin, dass das Management einen klaren Zeitplan hat. Wohingegen die Kirche Zeit auf Ewigkeit hat. Das macht einem Projektleiter schon manchmal Sorgen, wenn jemand sagt, dass könne man doch morgen oder übermorgen noch regeln. Das ist mir vor allen Dingen beim Vatikan aufgefallen. Der Vatikan war ja der eigentliche Veranstalter des Weltjugendtages und die Nation bzw. das jeweilige Bistum ist dann das ausführende Organ. Man hatte viele Konferenzen im Vatikan und irgendwann ist mir die Hutschnur geplatzt, weil wir Entscheidungen brauchten, um in Deutschland bestimmte Dinge vorantreiben zu können. Wir bekamen da nie eine Antwort. Kein klares Ja oder Nein. Es wurde immer um den heißen Brei herumgeredet. Das habe ich dann Herrn Feldhoff gesagt, der als Mitglied des Steuerungsgremiums mit dabei war. Der hat mir dann gesagt, ich solle diesen Umstand Kardinal Meisner berichten. Das habe ich gemacht. Der Kardinal entgegnete mir dann, dass ich mir keine Sorgen mache solle. Er würde das gleich regeln, denn er sei zum Mittagessen beim heiligen Vater und werde das alles durchsprechen. Das war dann auch so. Es hat sich danach auch einiges in der Organisation im Vatikan geändert, so dass mehr Klarheit reinkam.

domradio.de: Wenn Sie heute noch einmal gefragt werden, würden Sie das noch einmal machen?

Hermann-Josef Johanns: Vom Alter her würde ich heute eher einen Weltseniorentag organisieren. Ich würde es tatsächlich noch einmal machen. Vielleicht würden meine Haare noch grauer werden. Es ist schon ein riesiges Projekt. Ich habe mal den Spruch gesagt: "Man macht das nur einmal im Leben", weil das auch sehr viel Kraft kostet und auch eine große körperliche Belastung ist.

domradio.de: Gibt es etwas, worauf Sie besonders stolz sind?

Hermann-Josef Johanns: Ja. Es gibt den Moment der Begrüßung des heiligen Vaters, nämlich die Fahrt über den Rhein. Im Vorfeld waren die Verantwortlichen im Vatikan überhaupt nicht dafür, weil der Vatikan das Ganze gerne als Massenveranstaltung sehen wollte. Also beispielsweise in einem Stadion und da begrüßt der heilige Vater die Jugendlichen aus Brasilien und dann jubelt die brasilianische Ecke. So geht es dann reihum. Als wir mit unserem Vorschlag kamen, war das im Vatikan etwas problematisch. Die wollten es nicht so richtig und haben es dem heiligen Vater auch nie so klar erklärt. Sie haben uns gesagt, er könne nicht aufs Wasser und habe große Schmerzen, wenn man ihn bewegt. Das war ja alles noch auf Johannes Paul II. abgestellt. Dann starb Johannes Paul II. im Mai und Benedikt XVI. wurde gewählt. Ich hatte vor dem ersten Gespräch von Kardinal Meisner mit dem neuen Papst darum gebeten, ihm zu sagen, dass wir ihn über den Rhein schippern und im Dom willkommen heißen möchten. Das hat Kardinal Meisner auch gemacht und die Reaktion des Papstes war überaus positiv, weil er eben das Rheinland kannte. Er hatte ja in Bonn gelehrt. Diese Aktion war für mich - auf letzter Minute und unter eigener Verantwortung geplant - ein großer Erfolg. Die Beschallung den Rhein rauf und runter ist gelungen und es gab tolle Bilder. Das war auch unser Ansatz, einmal andere Bilder zu zeigen als aus einem Stadion oder von einer großen Fläche. Wir wollten den Rhein, den Dom, die schönen Häuser und die Atmosphäre bei schönem Wetter zeigen. 

domradio.de: Was hat der Weltjugendtag 2005 bei Ihnen an nachhaltigen Eindrücken hinterlassen?

Hermann-Josef Johanns: Der größte Eindruck kommt bei mir in den letzten Monaten hoch. Das Ereignis könnte man sehr gut auf die heutige Situation mit unseren Migranten und Flüchtlingen übertragen. Das war für mich rückschauend der Moment, in dem Politik, Wirtschaft, Handel, die Kirchen und Bürger auf ein Ziel gemeinsam hingearbeitet haben. Dies geschah mit hohem Interesse, großer Flexibilität und hoher Motivation. Das würde ich mir manchmal wünschen, wenn ich aus der Presse oder den Medien Nachrichten zu unserer Willkommenssituation höre, die wir momentan haben. Das macht mich schon ein wenig traurig. Gleichzeitig macht es mich aber auch stolz, dass wir für eine Million Menschen eine Situation geschafft haben, aus der sie mit Freude wieder rausgegangen sind. Gleichfalls bin ich stolz darauf, erlebt haben zu können, was junge Leute alles leisten können. Ich war in meinem Büro der Älteste. Um mich herum arbeiteten nur junge Leute mit einer unglaublichen Motivation. Ich musste sie teilweise nachts nach Hause schicken, weil man ja auch eine gewisse Verantwortung hat und ihnen klar machen, dass der Akku noch voll sein muss, denn der Höhepunkt des gemeinsamen Festes stand noch an. Das hat mich damals sehr beeindruckt.

Das Interview führte Daniel Hauser


Quelle:
DR