Der Bruder der seit 34 Jahren verschwundenen Vatikanbürgerin Emanuela Orlandi hatte im September 2017 den Papst aufgerufen, Licht in das Schicksal seiner Schwester zu bringen. "Wenn Papst Franziskus alle von der Schweigepflicht entbinden würde, würden wir endlich wissen, was mit meiner Schwester passiert ist", sagte Pietro Orlandi damals der italienischen Tageszeitung "Corriere della Sera". Der 56-Jährige bezog sich auf die Veröffentlichung eines angeblichen Rechnungsdokuments, das eine Verstrickung der katholischen Kirchenleitung in die Verschleppung des Mädchens belegen soll. Der Vatikan bezeichnete das Papier als Fälschung.
Zu dem Dokument sagte Pietro Orlandi, er wisse nicht, ob es echt sei; es gebe noch "Umstände zu vertiefen". Da seine Schwester die vatikanische Staatsbürgerschaft besitze, müsse es für den Heiligen Stuhl eine Priorität sein, die Wahrheit aufzudecken. Im Vatikan wüssten "sehr viele" Personen über die Vorgänge von damals Bescheid, dürften dies aber nicht preisgeben.
Der Bruder äußerte sich überzeugt, Emanuela Orlandi sei nach ihrem Verschwinden 1983 "in einen Konvent oder an einen geheimen Ort" gebracht worden. Ihn habe eine Begegnung mit Franziskus "konsterniert", als dieser gesagt habe, Emanuela sei im Himmel. "Wenn er wirklich weiß, dass sie tot ist, muss er auch wissen, wie das passiert ist", so Pietro Orlandi.
Das Verschwinden der damals 15-jährigen Emanuela Orlandi, Tochter eines Vatikanangestellten, am 22. Juni 1983 gehört zu den spektakulärsten ungelösten Kriminalfällen Italiens. Ihre Familie glaubt bis heute nicht an ein einfaches Gewaltverbrechen. (KNA / Stand: 19.09.17)