Ortskirche zeigt sich zufrieden mit Papstbesuch im Heiligen Land

"Mit innerer Freiheit durchs Nahost-Minenfeld"

Eine Woche danach wird Bilanz gezogen: Papst Benedikt XVI. hat seinen Pilgerweg durch das Minenfeld des Nahen Ostens mit großer innerer Freiheit zurückgelegt - da sind sich die Kirchenvertreter im Heiligen Land einig. Weder in Jordanien, noch in Israel oder in den palästinensischen Gebieten hat er etwas gesagt, was die Gemüter heftig erregt hätte. Im israelisch-jüdischen Umfeld ist das Fazit durchwachsener.

Autor/in:
Gabi Fröhlich
 (DR)

Die einheimischen Gläubigen haben "el Baba" mit arabischer Herzlichkeit empfangen - zumindest da, wo die Sicherheitsvorkehrungen es zuließen. "Sein Besuch ist rundherum gelungen", resümiert der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Erzbischof Fouad Twal, erleichtert.

Im israelisch-jüdischen Umfeld ist das Fazit durchwachsener: Zwar wurden die Medienkommentare zum Ende der Visite wohlwollender, nachdem der deutsche Papst beim Abschied auf dem Flughafen seinen Besuch in der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem als "tief bewegend" bezeichnet und die Shoah nochmals deutlich verurteilt hatte. Doch bis dahin, so Alon Goshen-Gottstein vom "Elijah Interfaith-Institut", habe in Israel schon kaum mehr jemand zugehört..

Während Johannes Paul II. bei seinem Besuch im "Jubeljahr" 2000 die Herzen der Israelis nach und nach erobert habe, sei der "Stern Benedikt XVI." im Laufe der Reise gesunken, meint der Rabbiner. Die Rede in Jad Vaschem gleich am ersten Tag in Israel - keine Anspielung auf die eigene deutsche Vergangenheit, kein Schuldbekenntnis, "zu wenig sichtbare Betroffenheit" - habe die Juden enttäuscht. Wie andere genaue Beobachter weiß Goshen-Gottstein zwar, dass das Kirchenoberhaupt vieles davon bei anderen Gelegenheiten bekundet hatte, aber "die Menschen wollten es in Jad Vaschem hören".

Positive Reaktionen im palästinensischen Milieu
Im palästinensischen Milieu sind die Reaktionen auf den Papstbesuch durchweg positiver: Im Zentrum stand dort die Visite im Aida-Flüchtlingscamp neben der israelischen Sperrmauer. Das Einstehen Benedikts XVI. für eine Zweistaatenlösung, sein Verständnis für die schwierige Situation der Menschen unter der Besatzung und sein Hinweis darauf, dass "Mauern fallen können" wurden mit Befriedigung aufgenommen - umso mehr als kaum jemand damit gerechnet hatte, dass das Kirchenoberhaupt so politisch werden würde. Doch ganz ohne Kritik kam der Papst auch hier nicht davon: Vielen Muslimen fehlte ebenfalls eine Entschuldigung - in diesem Fall für das Mohammed-Zitat in seiner Regensburger Rede 2006. Außerdem hätten die meisten sich gewünscht, dass Benedikt XVI. auch nach Gaza gegangen wäre.

"Ist es nicht auffallend", fragt Franziskaner-Kustos Pierbattista Pizzaballa, "dass alle nur das kritisieren, was ihnen fehlt? Und nicht, was der Papst tatsächlich gesagt oder getan hat?" Für den obersten Franziskaner im Heiligen Land passt das zu der "Drehbuch-Mentalität in dieser Region": Übernehme der Gast nicht die jeweils vorgeschriebene Rolle, sei er außen vor. Insofern, so der Kustos, sei der Papst "sehr mutig" gewesen: "Er hatte seine Perspektive, er hatte etwas zu sagen und er hat es gesagt."

"Auf dieser Spur müssen wir weitergehen"
"Nicht nur mutig sondern auch prophetisch", meint der Vikar der hebräischsprachigen katholischen Gemeinde, David Neuhaus: Während die meisten Christen - je nach persönlicher Sensibilität - entweder die besondere Beziehung der Kirche zum jüdischen Volk betonten, oder aber sich für "Gerechtigkeit für die Palästinenser" einsetzten, habe Benedikt XVI. seine Hände in beide Richtungen ausgestreckt. "Auf dieser Spur", ist der Jesuit überzeugt, "müssen wir weitergehen".

Die großen Gewinner des Papstbesuchs jedoch sind nach einhelliger Meinung die einheimischen Christen: "Die christliche Minderheit war in der öffentlichen Wahrnehmung so sichtbar wie wohl nie zuvor", meint Kustos Pizzaballa. Entgegen dem "verbreiteten Selbstmitleid" habe Benedikt XVI. deutlich kundgetan, dass "wir nicht vergessen sind" - und den Gläubigen einen neuen Sinn aufgezeigt, trotz allen Schwierigkeiten im Ursprungsland des Christentums auszuharren.