Oscar Romero als Vorbild

"Kirche wird mehr für die Armen da sein"

Am Wochenende wurde Oscar Arnulfo Romero in El Salvador seliggesprochen. Der Adveniat-Hauptgeschäftsführer Prälat Bernd Klaschka geht im KNA-Interview davon aus, dass dies auch das Verhältnis der Kirche zu den Armen verändern wird.

Prälat Bernd Klaschka (dpa)
Prälat Bernd Klaschka / ( dpa )

Katholische Nachrichten-Agentur (KNA): Herr Klaschka, seit Wochen, ja Monaten wurde über die Seligsprechung von Romero in den Medien berichtet. Aber jetzt ist die Zeremonie Wirklichkeit geworden. Was ist Ihnen in diesem Moment durch den Kopf gegangen?

Prälat Bernd Klaschka (Hauptgeschäftsführer Adveniat): Als ich vor der Reliquie stand, in der das blutgetränkte Hemd von Oscar Romero lag, das er an dem Tag trug, als er erschossen wurde, ist mir noch einmal bewusst geworden, wie sehr dieses Hemd das Leben und das Wirken Romeros repräsentiert. Und wie sehr es deutlich macht, was er durchlitten hat, nicht nur am Tag seiner Ermordung, sondern auch in seiner letzten Lebensphase. Wie standhaft ist er doch geblieben! Sein Zeugnis verpflichtet uns, für Gerechtigkeit einzutreten, auch gegen alle Widerstände. Denn für Gerechtigkeit einzutreten ist immer schwierig und bisweilen auch gefährlich.

KNA: Wie sehr hat diese Seligsprechung die Kirche verändert?

Klaschka: Ich habe hier in San Salvador noch einmal daran gedacht, wie kritisch Romero doch noch vor Jahren auch von innerkirchlichen Kreisen und von Außenstehenden gesehen wurde. Wie sehr sich das alles verändert hat, wird ja an der Botschaft von Papst Franziskus deutlich, der ihn zum Vorbild erklärt hat. Romeros Beispiel wird dafür sorgen, dass sich die Kirche noch intensiver für die Armen, für Gerechtigkeit und gegen Gewalt einsetzen wird.

KNA: Wie haben Sie die Stimmung vor Ort erlebt?

Klaschka: Es herrschte eine sehr freundliche, fröhliche Atmosphäre. Die Straßen waren voll. Die Menschen waren voller Freude. Zu mir hat ein befreundeter Bischof gesagt: "Die Menschen haben verstanden, wer Romero ist, das müssen wir jetzt auch noch tun."

KNA: Ist die Kirche an diesem Tag lateinamerikanischer geworden?

Klaschka: Es gilt hier das Schlagwort: Romero für Amerika. Romero wirkt längst über die Grenzen El Salvadors hinaus, das sieht man ja auch an der hohen Zahl an Bischöfen aus ganz Lateinamerika, die eigens zur Seligsprechung nach El Salvador gekommen sind. Daran ist die hohe Bedeutung dieses Tages für die Kirche in der Region deutlich geworden. Es ist beeindruckend zu sehen, wie viele Bischöfe und Priester bereit sind, sich auf das einzulassen, was Romero vorgelebt hat. Wäre das nicht so, wären nicht so viele Bischöfe und Priester gekommen.

KNA: Der Stellenwert und die Meinung von und über Romero hat sich in den letzten Jahren ja schon gewandelt. Wo sehen sie das Bild Romeros in zehn Jahren?

Klaschka: Ich glaube, dass sich die Kirche noch stärker hin zu einer armen Kirche für die Armen entwickeln wird. Romero als ein Mann der Kirche, der aus Liebe zu den Armen für das Evangelium eintritt. Dieses Bild wird noch deutlicher sichtbar werden.

KNA: Was können die Europäer denn von der lateinamerikanischen Kirche nach diesem Tag lernen?

Klaschka: Die Lebendigkeit des Glaubens, die mir hier in Lateinamerika wieder einmal begegnet ist und wie dieser Glaube das Leben täglich beeinflusst, das können wir Europäer von der lateinamerikanischen Kirche lernen. Und das ist für uns Europäer eine Herausforderung. Wir müssen lernen, mehr Weltkirche zu sein und erkennen, dass es eben auch andere Glaubenserfahrungen und Optionen aus der asiatischen, der lateinamerikanischen oder der afrikanischen Kirche gibt. Wir müssen uns auf diese Einflüsse einlassen.


Quelle:
KNA