DOMRADIO.DE: Was haben Sie nach der Wahl am Mittwoch gedacht?
Monsignore Dr. Michael Bredeck (Diözesanadministrator im Erzbistum Paderborn): Ich habe großen Respekt gefühlt, aber auch die Gewissheit, dass viele andere diesen Weg mit mir gehen. Schon im Domkapitel habe ich von meinen Mitbrüdern viele Zusagen von Unterstützung bekommen. Deswegen habe ich am Mittwoch nach der Wahl schon gespürt, dass ich mich auf die Mitmenschen im Erzbistum verlassen kann. Daraus hat sich dann bei mir eine gewisse Vorfreude und auch Dankbarkeit entwickelt.
DOMRADIO.DE: Das Amt des Diözesanadministrators ist ein vorübergehendes. Welche Befugnisse haben Sie nun und welche Bedeutung wird das haben?
Bredeck: Als Diözesanadministrator hat man die Befugnisse eines Diözesanbischofs. In meinem Fall ist es so, dass ich kein geweihter Bischof bin, sondern Priester. Das heißt, dass ich zum Beispiel keine Weihen vornehmen kann, aber trotzdem die Befugnisse eines Diözesanbischofs habe.
Eine weitere Einschränkung meiner Entscheidungskompetenz gibt es: Ich darf keine längerfristigen und vor allem einschneidende Entscheidungen treffen, die den kommenden Erzbischof binden würden. Ansonsten ist mir die Leitung des Erzbistums vorübergehend - kommissarisch, könnte man sagen - anvertraut.
DOMRADIO.DE: Wie lang wird dieses "Kommissarische" denn dauern? Reden wir da über Wochen, Monate oder Jahre?
Bredeck: Dass es Jahre sind, glaube ich nicht, und das möchte ich auch nicht. Es ist erfahrungsgemäß so, dass die Vakanz eines erzbischöflichen Stuhles einige Monate bis zu einem Jahr dauern kann.
Wie lange die Zeit aber wird, kann niemand vorhersagen, weil das von den Prozeduren abhängt, an deren Ende der Heilige Stuhl dem Paderborner Domkapitel eine Liste mit drei Namen schicken wird. Aus diesen dreien wird dann der neue Erzbischof gewählt. Wann diese Liste ankommt, wird allein in Rom entschieden.
DOMRADIO.DE: Sie könnten auf dieser Liste der Zukünftigen nicht draufstehen?
Bredeck: Da kann theoretisch jeder geweihte Priester aus der gesamten Weltkirche draufstehen. Das ist reine Spekulation.
DOMRADIO.DE: Bei der anstehenden Bischofswahl im Erzbistum Paderborn sollen auch Laien, also nicht geweihte Katholiken mitreden. Wie kann oder könnte das funktionieren?
Bredeck: Das geht auf einen Beschluss der dritten Versammlung des Synodalen Wegs zurück. Im Domkapitel in Paderborn haben wir sehr schnell nach dieser Synodalversammlung im Februar dieses Jahres versucht, einen Weg zu finden, das Anliegen dieses Beschlusses aufzunehmen. Allerdings gibt es noch keine Musterordnung oder gar eine festgelegte Prozedur für das, was die Synodalversammlung beschlossen hat.
Beschlossen wurde damals, dass aus dem Bistum eine Zahl von Menschen benannt werden soll, die identisch mit der Zahl der Mitglieder des Wahlgremiums, also des Domkapitels, ist, um bei der Findung der Kandidaten für eine Vorschlagsliste und später, wenn möglich, bei der tatsächlichen Wahl des Bischofs mitzuwirken.
Letzteres ist aber mit bestimmten Voraussetzungen verbunden, die derzeit nicht gegeben sind, weil wir rechtlich an das Konkordat gebunden sind, das die Wahl eines Bischofs regelt. Diese Voraussetzungen könnten nur auf Initiative des Heiligen Stuhls verändert werden.
Wir als Domkapitel haben einen Weg gefunden, mit genau 14 Menschen aus dem Erzbistum das Profil eines künftigen Bischofs zu besprechen. Wir wollen bei einer nächsten Zusammenkunft auch über Namen möglicher Kandidaten sprechen. Danach werden wir als Domkapitel eine Liste erstellen und verabschieden, wie das vom Konkordat vorgesehen ist.
DOMRADIO.DE: Wie sehen Sie denn die Zukunft der Kirche?
Bredeck: Die Zukunft der Kirche in Deutschland ist voraussichtlich eine, die von starken Rückgängen gezeichnet sein wird. Rückgänge gegenüber dem Zustand, den wir von früher kennen, gegenüber der sogenannten Volkskirche. Mit dem Wort Rückgänge meine ich, dass wir kleiner werden. Kleiner an Mitgliedern, kleiner an Finanzkraft, kleiner an Bedeutung in der Rolle eines gesellschaftlich akzeptierten Players.
Gleichzeitig kann das aber auch - davon bin ich sehr überzeugt - mit einer größeren Profilierung, mit einer klareren Entschiedenheit und dann wiederum mit einer stärkeren Bedeutung in einem anderen Sinne einhergehen. Wir werden eine immer säkularere Gesellschaft. Die Kirche wird in dieser säkularen Gesellschaft mit ihrem zentralen Angebot des Glaubens an Gott nur eine bestimmte Zahl von Menschen erreichen können.
Diejenigen aber, die sich davon ansprechen lassen, werden das mit einer großen Entschiedenheit und mit einem Engagement für die Gesellschaft tun. Das hat große Folgen für die Menschen in der Kirche. Das heißt, wir werden viel stärker als heute eine Kirche der Geschwisterlichkeit werden. Eine Kirche der Kooperation und des Miteinanders. Das heißt auch des miteinander Entscheidens oder zumindest des miteinander Ringens um Entscheidungen.
Mit dem "Kleinerwerden" geht einher, dass die Verantwortung auf mehr Schultern gelegt werden wird als im Vergleich zu den Strukturen der Kirche, die ich aus meinen Jugendtagen kenne.
DOMRADIO.DE: Haben Sie sich als Diözesanadministrator Kernaufgaben vorgenommen, die Sie für die Katholiken, für die Menschen, für das Erzbistum oder für die Kirche anpacken wollen?
Bredeck: So habe ich die Aufgabe des Diözesanadministrators nicht für mich definiert. Mein Hauptanliegen ist es, dass wir den Weg, den wir mit Erzbischof Becker in den vergangenen 20 Jahren gegangen sind, gut weiterführen. Ich habe an diesem Weg bisher in anderer Funktion mitgewirkt.
Mir ist es deswegen wichtig, dass wir die Basis, die in diesen Jahren gewachsen ist, und das, was wir erreicht haben, weiterentwickeln und dass wir die pastoralen Projekte und die vielen anderen Dinge, die angestoßen sind, kontinuierlich fortführen.
Es ist meine Aufgabe, nichts groß zu verändern, aber das Begonnene möchte ich so fortführen und bündeln, dass wir es dem nächsten Erzbischof mit gutem Gewissen übergeben können. Es sollen gute Vorschläge sein für die Entscheidungen, die er dann fällen muss.
Das Interview führte Bernd Hamer.