Papst Benedikt XVI. besucht erstmals die Toskana

"Italien muss sich erneuern"

Als Papst Benedikt XVI. am Sonntag Arezzo in der Toskana besuchte, brachte er die weniger schönen Seiten des Lebens zur Sprache, die gegenwärtig das Bild von Italien bestimmen: die verheerenden Folgen der Wirtschaftskrise.

Autor/in:
Agathe Lukassek
 (DR)

Seine 27. inneritalienische Reise führte ihn nach den Besuchen in Ancona und Kalabrien im Herbst erneut in eine Region, die besonders unter den derzeitigen Schwierigkeiten zu leiden hat. Die Wirtschaftskrise treffe vor allem die Schwächsten, sagte der Papst in Arezzo vor rund 40.000 Gottesdienstbesuchern. Vor allem Jugendliche seien sehr besorgt. Die Kirche rief er auf, den "komplexen Problemen" mit einer "Aufmerksamkeit für die anderen" entgegenzutreten. Schnelle Lösungen für die Probleme gebe es jedoch nicht. Der Erzbischof von Arezzo, Riccardo Fontana, hatte zuvor berichtet, dass jede vierte Familie in seinem Bistum finanzielle Probleme habe.

Die mahnenden Worte des Papstes hörte auch Ministerpräsident Mario Monti. Er nahm zusammen mit dem für die Sanierung der Staatsfinanzen zuständigen Manager Enrico Bondi an der Messe im Prato Park unweit des Doms von Arezzo teil. Monti hatte schon im Januar den Beitrag des Papstes und der italienischen Bischöfe zur Überwindung der Krise des Landes gelobt.

In seiner Predigt in Arezzo bekräftigte Benedikt XVI., dass es sich auch um eine "tiefe geistige Krise" handele. Viele seien von einer "Kultur der Schnelllebigkeit" getäuscht worden, so der Papst. An ihre Stelle müssten Solidarität und Barmherzigkeit treten. Er rief die Aretiner auch auf, wie in der Vergangenheit weiter offen für Einwanderer und Flüchtlinge zu sein, die Freiheit und Arbeit suchten. Es brauche eine Erneuerung Italiens: Das nicht zuletzt durch seine humanistische Tradition starke Land solle nicht verzagen. Nur eine ethische Erneuerung könne das soziale und gesellschaftliche Leben verbessern, so der Papst.

Bei seiner ersten Toskana-Reise als Papst erinnerte Benedikt XVI. die Gläubigen auch an das Vorbild ihrer großen Heiligen, etwa den heiligen Franziskus. Tatsächlich zeugen in Arezzo zahlreiche Kirchen von der Vielfalt der Orden. Franziskaner-Konventualen betreuen die San-Francesco-Kirche mit dem berühmten Freskenzyklus von Piero della Francesca (um 1420-1492); es gibt einen Kapuziner-Konvent und mit San Michele eine Kirche, die speziell Jugendlichen gewidmet ist. Dort hatten sich in der Nacht vor dem Papstbesuch mehrere hundert junger Menschen zu einer Gebetswache versammelt. Nach einer kurzen Nacht, die sie in Schlafsäcken in den Räumen verschiedener Pfarreien verbrachten, kamen mehr als 1.000 junge Menschen zum Gottesdienst mit dem Papst.

Am späten Nachmittag sollte der Papst das Casentino-Gebirgstal aufsuchen, wo vor 1.000 Jahren der Orden der Kamaldulenser gegründet wurde und 1475 Michelangelo das Licht der Welt erblickte. Rund 45 Kilometer nördlich von Arezzo liegt das Franziskus-Heiligtum des Berges La Verna, wo der Papst mit Männern und Frauen von franziskanischen Gemeinschaften zusammentrifft.

Am Abend besucht Benedikt XVI. das Städtchen Sansepolcro, das seine Gründung durch zwei heimgekehrte Heilig-Land-Pilger begeht. Vor seiner Weiterreise war der Papst mit den Bischöfen der Toskana zum Mittagessen zusammengetroffen. Auf den Tisch kamen Spargel und Zucchini-Risotto aus regionaler Produktion.

Auf ein Geschenk für den Papst verzichtete die Diözese Arezzo-Cortona-Sansepolcro auf ausdrücklichen Wunsch von Benedikt XVI. Stattdessen sammelten die Katholiken des Bistums vor seinem Besuch Geld für hilfsbedürftige Familien. Für den Bürgermeister von Arezzo, Giuseppe Fanfani, waren die Worte des Papstes eine Ermahnung, sich von der Krise nicht einschüchtern zu lassen. Die Aretiner seien schließlich "extrem aktiv, vielseitig und arbeitsam", sagt er. "Ich bin sicher, dass die Krise ein großer Ansporn sein wird, andere Dinge zu tun - aber sie genauso gut zu tun".