Papst Benedikt XVI. kritisiert Pfarrer-Initiative in Österreich

"Ungehorsam ist kein Weg, um die Kirche zu erneuern"

Papst Benedikt XVI. hat die Osterfeierlichkeiten in diesem Jahr mit einem kleinen Paukenschlag begonnen: Ungewöhnlich konkret wandte er sich am Gründonnerstag gegen die sogenannte "Pfarrer-Initiative" in Österreich, die für Reformen in der katholischen Kirche eintritt. Ungehorsam sei kein Weg, um die Kirche zu erneuern, lautete der Tenor.

Autor/in:
Thomas Jansen
 (DR)

Seine Predigt zeigte nicht nur ein weiteres Mal, dass ihm nach seiner bayerischen Heimat wohl kein Landstrich so am Herzen liegt wie Österreich. Bemerkenswert war vor allem, wie er über die Protestbewegung in der Alpenrepublik sprach: Nicht pauschale Verurteilungen, sondern ein werbender und oft verständnisvoller, ja versöhnlicher Ton bestimmte die päpstliche Kritik in der Sache. Er wolle den betreffenden Priestern durchaus glauben, dass sie die Sorge um die Kirche umtreibe und dass sie überzeugt seien, "der Trägheit der Institutionen mit drastischen Mitteln begegnen zu müssen", um die Kirche wieder auf "die Höhe des Heute zu bringen", versicherte Benedikt XVI.



Benedikt XVI. machte es sich mit einer Antwort nicht leicht

Das bevorzugte Satzzeichen des Papstes war das Fragezeichen: Zielt die Pfarrer-Initiative tatsächlich auf eine "wirkliche Erneuerung" oder bezeugt sie nur "den verzweifelten Drang, etwas zu machen, die Kirche nach unseren Wünschen und Vorstellungen umzuwandeln"?

Benedikt XVI. machte es sich mit einer Antwort nicht leicht: Hatte nicht Jesus selbst "die menschlichen Traditionen korrigiert, die das Wort und den Willen Gottes zu überwuchern drohten"? Und wird mit der Forderung nach Gehorsam gegenüber Gott nicht vielleicht "die Erstarrung der Traditionen verteidigt"?



Der versöhnliche Tonfall machte deutlich, dass dem Papst ein ernsthafter Dialog der österreichischen Kirche mit der "Pfarrer-Initiative" ein großes Anliegen ist. Ob der Wiener Kardinal Christoph Schönborn über den Inhalt der päpstlichen Predigt vorab informiert war, ist nicht bekannt. Dass sich Benedikt XVI. gegen seinen Willen zu diesem heiklen Thema äußerte, darf jedoch als unwahrscheinlich gelten.



Ein gewisser Spielraum bleibt

Schönborn hatte schon Ende März gesagt, man habe sich mit der römischen Kurie auf eine Fortsetzung des Dialogs mit der Initiative verständigt. Auch dass Benedikt XVI. als Beispiel für die Anliegen der Protestbewegung ausgerechnet die Zulassung von Frauen zum Priestertum nannte, könnte ebenfalls ein Fingerzeig in diese Richtung sein. Mit einer Erfüllung dieser Maximalforderung rechnet ohnehin niemand ernsthaft. Durch das päpstliche Schweigen zu anderen, weniger weitreichenden Reformwünschen bleibt jedoch zumindest in der Debatte über diese Fragen ein gewisser Spielraum.



Es ging Benedikt XVI. um mehr als nur um Österreich und eine Protestbewegung von einigen hundert Pfarrern. Es ging um grundsätzliche Fragen: Wie kann eine legitime Erneuerung in der katholischen Kirche aussehen? Auf welche Grundlagen muss sie sich stützen? Ungewöhnlich deutlich hob er hervor, dass sich die christliche Botschaft "grundlegend und zuallererst" in der Heiligen Schrift finde. Für ein angemessenes Verständnis der Bibel sei freilich die Hilfe der "lehrenden Kirche" notwendig. Auffallend war auch, dass er als "wesentliche Instrumente" der Glaubensunterweisung an erster Stelle die Texte des Zweiten Vatikanischen Konzils nannte und erst dann den Katechismus der Katholischen Kirche.



Ausblick auf das Jubiläum des Zweiten Vatikanischen Konzils

In der Predigt klang damit auch das große päpstliche Thema dieses Jahres, ja vielleicht das Thema des Pontifikats von Benedikt XVI. überhaupt an: Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) und seine Deutung. Der 50. Jahrestag seiner Eröffnung steht im Oktober bevor. Und in gut einer Woche läuft das vatikanische Ultimatum an die traditionalistischen Piusbrüder ab, von denen die Glaubenskongregation eine Anerkennung des Konzils fordert.



Vor dieser Kulisse machte Benedikt XVI. deutlich, dass das Konzil nicht einfach für wohlfeile kirchenpolitische Forderungen instrumentalisiert werden dürfe. Wer auf die Geschichte nach dem Konzil schaue, könne "die Dynamik der wahren Erneuerung erkennen, sagte er. Diese habe "in lebendigen Bewegungen oft unerwartete Gestalten angenommen".