Als erster Bichof von Rom hat Papst Franziskus am Sonntag die anglikanische All-Saints-Kirche in Rom besucht. "Manchmal kann der Weg zur vollständigen Einheit langsam und unsicher erscheinen, aber aus unserer heutigen Begegnung können wir Ermutigung ziehen", machte Franziskus in der Allerheiligenkirche der Anglikaner Hoffnung für die Ökumene.
Der Papst nahm in dem neugotischen Gotteshaus wenige Schritte von der Spanischen Treppe entfernt an einem "Choral Evensong" teil, dem anglikanischen Pendant zum katholischen Vespergottesdienst. Anlass des Besuchs war das 200-jährige Bestehen der Pfarrei; die heute rund 250 Mitglieder zählende anglikanische Pfarrei Roms wurde am 27. Oktober 1816 gegründet.
Papst erwägt Reise in den Südsudan
Auf Anregung von Kirchenvertretern aus dem Südsudan lasse er derzeit die Möglichkeiten für eine Papstreise gemeinsam mit dem Primas der Anglikaner, Justin Welby, in das afrikanische Land prüfen, sagte Franziskus im Anschluss an das Abendgebet. In einer Antwort auf Fragen von Gemeindemitgliedern sagte er, Ökumene falle in jungen Kirchen Afrikas häufig leichter. Die Bitte, in den Südsudan zu reisen, sei ihm gemeinsam von Vertretern verschiedener Kirchen vorgetragen worden, die sich gemeinsam für den Frieden einsetzen.
Drei Jahre nach dem Beginn eines Bürgerkriegs zwischen verschiedenen Ethnien herrscht in dem afrikanischen Land eine akute Hungersnot. Die landwirtschaftliche Produktion kam aufgrund der Kämpfe fast zum Erliegen. Ein Jahrzehnte währender Krieg um die Unabhängigkeit vom Sudan hatte den Südsudan bereits zuvor zu einer der ärmsten Regionen der Welt gemacht.
"Wir sind Brüder und Schwestern"
Die Ökumene im Blick bemerkte der Papst, wie sich das Verhältnis zwischen den Konfessionen verändert habe: Damals herrschten oft Misstrauen und Feindseligkeit zwischen Anglikanern und Katholiken, so Franziskus. "Gott sei Dank erkennen wir uns heute als das, was wir wirklich sind: Brüder und Schwestern in Christus, durch unsere gemeinsame Taufe." Beide hätten den Wunsch, gemeinsam weiter voranzuschreiten und Jesus Christus zu folgen.
Gemäß dem Vorbild des Apostels Paulus dürfe man angesichts von Spaltungen nicht aufgeben, sondern müsse sich vielmehr für die Versöhnung hingeben, forderte der Papst. Für Erfolge in der Ökumene sei wichtig, bescheiden zu sein, hinauszugehen und als "Bettler um Barmherzigkeit" anzuerkennen, das Gottes Hilfe nötig sei. "Das ist der Ausgangspunkt, damit Gott wirken kann", betonte Franziskus.
Wunsch nach wachsende Gemeinschaft
Katholiken und Anglikaner seien dankbar, dass es nach "Jahrhunderten gegenseitigen Misstrauens" heute möglich sei, zu erkennen, "dass die ergiebige Gnade Christi auch in den anderen wirkt", so der Papst weiter. Der Wunsch nach wachsender Gemeinschaft komme auch in vielen Formen der Zusammenarbeit zum Ausdruck.
Es gelte, den gemeinsamen Dienst für die Stadt Rom, das Evangelium und das Lob Christi weiter zu stärken. "Durch das einträchtige Zeugnis der Nächstenliebe wird das barmherzige Antlitz Jesu in unserer Stadt sichtbar", so der Papst.
Bald Gebet nach anglikanischem Ritus im Petersdom
Franziskus predigte nicht nur, er nahm auch an der Segnung einer Christ-Erlöser-Ikone teil und leitete mit dem Leiter der Europa-Diözese der Kirche von England, Bischof Robert Innes, die Erneuerung des Taufversprechens. Zum Abschluss seiner Visite sollte der Papst zudem drei Fragen der Gemeinde beantworten.
Am 13. März soll im Petersdom erstmals ein Gebet nach anglikanischem Ritus stattfinden. Im Oktober 2016 hatten Franziskus und das Ehrenoberhaupt der Anglikaner, Erzbischof Justin Welby, in Rom gemeinsam eine Vesper gefeiert. Anlass waren die 50-Jahr-Feiern der Aufnahme des offiziellen anglikanisch-katholischen Dialogs im Jahr 1966.