Papst besucht erstmals Biennale

Kunst im Frauenknast

Schöngeisterei treibt den Papst nicht zu seinem Biennale-Besuch in Venedig. Vielmehr möchte er die Aufmerksamkeit für die internationale Kunstschau für ein anderes Anliegen nutzen – und geht dafür in den Knast.

Papst Franziskus kommt in Venedig an / © Alessandra Tarantino (dpa)
Papst Franziskus kommt in Venedig an / © Alessandra Tarantino ( dpa )

An einem ungewöhnlichen Ort hat Papst Franziskus seinen Besuch in Venedig begonnen. Im Frauengefängnis der Lagunenstadt traf er am Sonntagmorgen mit den Insassinnen zusammen. Der Vatikan hat seinen diesjährigen Biennale-Pavillon in der Frauenhaftanstalt auf der Insel Giudecca eingerichtet. Nach eigenen Angaben will er damit eine Kultur der Begegnung fördern und auf die Belange der Ausgegrenzten hinweisen.

Auf die verwies der Papst auch in seiner Ansprache an die inhaftierten Frauen. Er bezeichnete das Gefängnis als eine harte Realität und thematisierte die nicht nur in italienischen Haftanstalten allgegenwärtigen Probleme wie Überbelegung, Ressourcen-Mangel und Gewalttaten. Zugleich könne ein Gefängnis aber auch zu einem Ort "moralischer und materieller Wiedergeburt" werden, wenn Talente und Fähigkeiten der Inhaftierten gefördert würden.

Fehler vergeben

Ein Beispiel dafür sei die aktuelle Kunstschau, führte Franziskus an. Rund 80 Insassinnen wirken an der Vatikan-Ausstellung "Mit meinen Augen" mit; sie führen bis zum Biennale-Ende im November durch den Kunstrundgang im Gefängnis. So könne die Haftzeit zu einer "Baustelle für den Wiederaufbau" werden - mit einer mutigen Bewertung des eigenen Lebens, einer Loslösung von dessen schlechten Aspekten sowie einem Plan für einen Neuanfang, resümierte der 87-Jährige.

Es sei wichtig, dass das Gefängnissystem den Inhaftierten auch Instrumente und Räume für menschliches, spirituelles, kulturelles und berufliches Wachstum biete und so die Voraussetzungen für ihre gesunde Wiedereingliederung schaffe. "Lassen Sie uns nicht vergessen, dass wir alle Fehler haben, die vergeben werden müssen - auch ich", so der Papst.

Kunst als Zuflucht

An der Ausstellung beteiligen sich acht internationale Künstlerinnen und Künstler, darunter der Italiener Maurizio Cattelan und die Französin Claire Fontaine. Franziskus traf sie in der Gefängniskapelle. Bei der kurzen Begegnung ermutigte er die Kunstschaffenden, mit ihren Werken "Städte der Zuflucht" zu schaffen: Orte frei von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, Ungleichheit, ökologischem Ungleichgewicht und Ausgrenzung armer Menschen.

Die Gefängnis-Kunst ist der eigentliche Anlass des ersten Biennale-Besuchs eines Papstes. Im Anschluss trifft Franziskus noch Jugendliche aus der Region, bevor er eine Messe mit rund 10.000 Menschen auf dem Markusplatz von Venedig feiert.

Quelle:
KNA