Gemeinsam mit rund 200 Künstlern aus 30 Ländern hat Papst Franziskus das 50-jährige Bestehen der Sammlung für Zeitgenössische Kunst in den Vatikanischen Museen gefeiert. In der Sixtinischen Kapelle betonte er am Freitag die "natürliche Freundschaft" zwischen Kunst und katholischer Kirche. Denn Kunstschaffende nähmen die unerschöpfliche Tiefe der Existenz, des Lebens und der Welt ernst -, auch in ihren Widersprüchen und tragischen Seiten. Zudem könnten Kunst wie Glaube die Dinge nicht so lassen, wie sie sind: Sie veränderten, verwandelten, bekehrten sie.
Bekannte Künstler unter den Teilnehmenden
Unter den Teilnehmenden waren zahlreiche namhafte Maler, Bildhauer, Architekten, Musiker, Regisseure und Schauspieler. Zu den bekanntesten Gästen zählten der deutsch-österreichische Maler und Bildhauer Anselm Kiefer, der Schweizer Star-Architekt Mario Botta sowie der französische Autor und Regisseur Eric-Emmanuel Schmitt. Die Populärkultur wurde etwa durch den niederländischen Geiger Andre Rieu vertreten, das zeitgenössische Industriedesign durch den Briten Ross Lovegrove.
Papst Franziskus, der die Rede anders als am Tag zuvor selbst hielt, würdigte die Kunst als "kritisches Gewissen der Gesellschaft", sie konfrontiere Menschen mit störenden Gegebenheiten. Künstler seien so etwas wie Propheten; Augen, die sehen und träumen. "Wir Menschen sehnen uns nach einer neuen Welt, die wir mit unseren eigenen Augen nicht vollständig sehen können", so der Papst. Künstler hätten die Fähigkeit, neue Versionen der Welt zu erträumen und Neues in die Geschichte einzubringen.
Arme Menschen nicht vergessen
Er sehe die Kunstschaffenden als Verbündete, so das katholische Kirchenoberhaupt: bei der Verteidigung des menschlichen Lebens, beim Einsatz für soziale Gerechtigkeit oder bei der Sorge um Natur- und Klimaschutz. Darum rief Franziskus die Anwesenden auf, die armen Menschen nicht zu vergessen. Manche erlebten sehr harte Formen der Entbehrung im Leben, deshalb brauchten sie Kunst und Schönheit am meisten. Weil sie oft keine Stimme hätten, um sich Gehör zu verschaffen, sollten sich die Künstler zu "Dolmetschern ihres stummen Schreis" machen.
Die außergewöhnliche Audienz, bei der Franziskus jeden Teilnehmenden persönlich begrüßte, fand exakt 50 Jahre nach Einweihung der Sammlung für Zeitgenössische Kunst in den Vatikanischen Museen statt. Damals sah Papst Paul VI. (1963-1978) den Graben zwischen der Kirche und der zeitgenössischen Kultur als eines der größten Probleme der Moderne und wollte zu dessen Überwindung beitragen.
1973 weihte er eine zunächst 700 Objekte von 250 Künstlern umfassende Sammlung moderner Kunst im Vatikan ein. Viele von ihnen kamen aus Frankreich und Italien. Darunter sind Werke von Francis Bacon, Marc Chagall, Giorgio de Chirico, Giacomo Manzu, Giuseppe Capogrossi und Henri Matisse, dem seit 2011 ein eigener Raum gewidmet ist.
Auf 9000 Kunstwerke gewachsen
Die Sammlung wuchs im Lauf der Jahrzehnte auf rund 9.000 Kunstwerke an, von denen nur ein Teil auf der Strecke zwischen den Borgia-Gemächern und der Sixtinischen Kapelle gezeigt werden kann.
Damit beherbergen die Vatikanischen Museen heute weltweit eine der größten Sammlungen zeitgenössischer sakraler Kunst.
Anlässlich des 50. Jahrestages wurden zehn zeitgenössische Werke, die meisten davon Neuerwerbungen, über den gesamten vatikanischen Museumsrundgang verteilt, oft inmitten antiker oder barocker Kunstwerke aufgestellt. Zudem erinnert eine Foto-Ausstellung an die Eröffnung vor 50 Jahren, bei der Leonard Bernstein ein Konzert in der vatikanischen Audienzhalle dirigierte.