Papst fordert Waffenruhe in Aleppo

"Tiefer Schmerz und große Besorgnis"

Papst Franziskus hat eine sofortige Waffenruhe in Aleppo gefordert. Der Schutz der Zivilbevölkerung sei eine "zwingende und dringliche Pflicht", sagte er bei seiner Generalaudienz am Mittwoch auf dem Petersplatz.

Während der Generalaudienz / © Giorgio Onorati (dpa)
Während der Generalaudienz / © Giorgio Onorati ( dpa )

Die für die Bombardierungen Verantwortlichen müssten sich vor Gott rechtfertigen, betonte er in einer freien Einfügung in das Redeskript. Er empfinde "tiefen Schmerz und große Besorgnis" angesichts der dramatischen Nachrichten aus Syrien, sagte Franziskus. Mit der leidenden Bevölkerung sei er im Gebet und im Geist verbunden. Aleppo nannte er eine "gemarterte Stadt".

Auch der päpstliche Nuntius in Syrien, Erzbischof Mario Zenari, zeigte sich tief erschüttert über die Lage in Aleppo: "Die Krankenhäuser sind überfüllt, Medikamente fehlen, vom Himmel regnen Bomben." Dies sei "ein Albtraum, der die Hoffnungen auf eine Verlängerung des Waffenstillstands für Syrien zerstauben lässt", sagte Zenari in Radio Vatikan.

"Eine Schande für die internationale Gemeinschaft"

Die Lage in Aleppo nannte der Papstbotschafter, der in Damaskus residiert und deshalb mit Kritik am Assad-Regime ansonsten generell zurückhaltend ist, "nicht hinnehmbar". Zenari sagte: "Das ist eine Schande für die internationale Gemeinschaft, dass man so viele Menschen einfach schutzlos ihrem Schicksal überlässt." Die Menschen in Aleppo seien "nicht alles 'Terroristen'. Die Mehrheit von ihnen sind normale Zivilisten, Frauen, Kinder, alte Leute."

Der päpstliche Nuntius fügte hinzu: "Was da geschieht, lastet nicht nur auf dem Gewissen derer, die den Konflikt stoppen oder für den Respekt des Völkerrechts sorgen könnten. Es ist eine Schande, die auf dem Gewissen aller lastet." In dem Konflikt würden "nicht mal die elementarsten Normen des Völkerrechts wie etwa der Schutz der Zivilbevölkerung respektiert".

Die von Rebellen gehaltenen Gebiete im Osten Aleppos sind seit Wochen von der Außenwelt abgeschnitten. Nach tagelangen schweren Bombardements begannen Truppen von Syriens Staatspräsident Baschar al-Assad und verbündeten Einheiten am Dienstag mit einer Bodenoffensive, um die frühere Wirtschaftsmetropole in ihre Gewalt zu bekommen.

Tagung zu Syrien im Vatikan

Am Donnerstag ist die humanitäre Krise in Syrien Thema bei einer vom Päpstlichen Nothilfe-Rat "Cor Unum" initiierten Versammlung kirchlicher Hilfswerke in Rom. Auch der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, soll an dem Treffen teilnehmen, wie aus einer Mitteilung des Rates vom Dienstag hervorgeht. Die Anwesenheit von de Mistura bezeichnete der Sekretär von "Cor Unum", Giovanni Pietro Dal Toso, im Interview der Vatikanzeitung "Osservatore Romano" (Mittwochsausgabe) als "sehr wertvoll". Angesichts der Kämpfe in Aleppo und der internationalen Suche nach einer Lösung werde «die Stimme des Papstes weiter nützlich sein», so Dal Toso.

"Cor Unum" will bei seiner Tagung am Donnerstag eine Bilanz der bisher geleisteten Hilfe ziehen, Wege einer besseren Zusammenarbeit suchen und Prioritäten für die Zukunft festlegen. Zu dem Treffen werden Vertreter von rund 40 katholischen Hilfsorganisationen sowie Kirchenvertreter aus dem Nahen Osten erwartet. Bei dem Treffen sprechen außer dem UN-Sondergesandten de Mistura auch Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin sowie die päpstlichen Botschafter in Syrien und im Irak. Papst Franziskus empfängt zuvor die 80 Teilnehmer in Audienz.

"Zeit der Gnade und Barmherzigkeit"

Während seiner Generalaudienz betonte Papst Franziskus außerdem, niemand sei von der Vergebung ausgeschlossen. Jesus sei "am Kreuz gestorben, um bei den Schuldigen zu sein", sagte der Papst auf dem Petersplatz. Mit seinem Tod zwischen Verbrechern bezeuge er, "dass die Rettung durch Gott jeden Menschen in jeder Verfassung erreichen kann, auch in der negativsten und schmerzlichsten".

Der Papst nannte das derzeit stattfindende Heilige Jahr eine "Zeit der Gnade und der Barmherzigkeit für alle, Gute und Böse, die Gesunden und die Leidenden". Nichts könne einen Menschen von der Liebe Christi trennen, so Franziskus.

Der Papst bezog sich bei seinen Ausführungen auf die biblische Erzählung vom Tod Jesu zwischen zwei mitgekreuzigten Räubern. Der eine, mit der Aufforderung "Hilf dir selbst und auch uns», erliege dem «tragischen Wissen", dass nur Gott eine Antwort auf den Tod bieten könne. Daher sei ihm unvorstellbar, dass der Messias machtlos sterbe. "Stattdessen hat Jesus uns dadurch gerettet, dass er am Kreuz blieb", so der Papst.


Quelle:
KNA