Kaum ein anderer Nachfolger Petri in den vergangenen hundert Jahren dürfte so viel Erfahrung mit Kindern und Jugendlichen mit in das Amt gebracht haben wie Jorge Mario Bergoglio. Einige Katechismusstunden in der Schule, die hat mancher seiner Vorgänger als junger Priester erteilt. Doch der heutige Papst war in Argentinien drei Jahre Vollzeitlehrer - nicht für Religion, sondern für Literatur und Psychologie. Von 1964 bis 1965 unterrichtete er diese Fächer an einer Schule seines Ordens in Santa Fe, 1966 dann in Buenos Aires.
Aus dieser Zeit stammt womöglich eine Lektion, die Franziskus auch als Papst beherzigt: Lies Jugendlichen nie vorbereitete Redetexte vor; es langweilt sie nur. Wenn der Papst, der ohnehin gerne vom Manuskript abweicht, Jugendliche trifft, wissen Journalisten: Den zuvor verbreiteten Redetext kann man getrost beiseitelegen; der Papst spricht frei.
Aufruf zur Unruhe
Eindringlicher als seine beiden Vorgänger Johannes Paul II. (1978-2005) und Benedikt XVI. (2005-2013) ermuntert Franziskus Jugendliche zu Veränderungen, Unruhe, ja Aufmüpfigkeit auch innerhalb der katholischen Kirche. "Macht Wirbel" oder - wenn man das spanische "lio" weniger vornehm übersetzt: "Haut rein" - so lautet die Botschaft, die er erstmals 2013 während des Weltjugendtags in Rio de Janeiro Jugendlichen zurief.
Einen solchen Wirbel erhoffe er sich vom Weltjugendtag, sagte er damals. "Ich will, dass ihr auch in den Diözesen Wirbel macht, ich will, dass man hinausgeht, ich will, dass die Kirche auf die Straßen geht, ich will, dass wir standhalten gegen alle Weltlichkeit, Unbeweglichkeit, Bequemlichkeit, gegen den Klerikalismus und alles In-sich-verschlossen-Sein." Vorsorglich bat er Bischöfe und Priester gleich um Verzeihung, "wenn einige nachher Verwirrung stiften".
Idealismus bestärken statt Moralpredigten
Zum päpstlichen Standardrepertoire in Ansprachen vor Jugendlichen gehört auch der Appell, den Glauben an die "großen Ideale" nicht zu verlieren. Jugendliche müssten trotz aller Widrigkeiten auf die Zukunft setzen, betont Franziskus immer wieder. Auf Moralpredigten, die er allgemein wenig schätzt, verzichtet er auch bei solchen Anlässen weitgehend.
Franziskus hat mit seiner Nahbarkeit, Spontaneität und direkten Art einen besonderen Draht zu jüngeren Menschen. "Ich mag es, mit Jugendlichen zusammen zu sein, weil sie Überbringer der Hoffnung und Schöpfer der Zukunft sind", sagte er im August 2014. Das gilt wohl auch umgekehrt: Der Papst kommt gut an bei den Jugendlichen. Nicht nur in den persönlichen Begegnungen - auch in der digitalen Welt, in der Teenager heute zu Hause sind.
Insta-Papst
Unter Franziskus baute der Vatikan seine Präsenz in den Neuen Medien erheblich aus. So hat der Papst seit einiger Zeit auch einen Instagram-Account. Bei Auftritten vor Jugendlichen bezieht er sich oft auf deren digitale Lebenswirklichkeit: Liebe und Glück seien keine "App", die man sich einfach herunterladen könne, sagte er einmal. Bei anderer Gelegenheit nahm er Internet-Chats vor Pauschalkritik in Schutz.
Bereits als Seelsorger in Argentinien ging der heutige Papst unkonventionelle Wege. Um die Jugendlichen von der Straße ins Pfarrzentrum zu bringen, scheute er nach Angaben seiner Biografen nicht davor zurück, auch Filme zu zeigen, die nicht das Prädikat "pädagogisch wertvoll" hatten: So soll er einmal einen Star-Wars-Film gezeigt haben.
Brückenbauer mit Bodenhaftung
Wenn Franziskus zu oder über Jugendliche spricht, dann ist meist auch die Großeltern-Generation nicht weit. Der Dialog zwischen Jung und Alt ist ihm ein Herzensanliegen. Die Jungen sollten - bei allem Wirbel - die Alten ehren und ihren weisen Rat hören. Zu oft, beklagt er, würden Alte ins Abseits gedrängt.
Franziskus sei kein Papst der Worte, sondern der Gesten, heißt es oft. Würde man das charakteristische Bild des Jugendseelsorgers Franziskus suchen, so wäre es vermutlich dieses: Der Papst sitzt wie ein einfacher Priester auf einem Plastikstuhl vor den Kolonnaden des Petersplatzes und nimmt einem Jungen die Beichte ab - umgeben von Tausenden Jugendlichen.