Papst Franziskus beginnt am Sonntag die Exerzitien in Ariccia

Fasten in der "Porchetta-Stadt"

Als erster Papst seit langem hatte Franziskus im vergangenen Jahr auf die Sommerfrische in Castel Gandolfo verzichtet. Nun begibt er sich für die traditionellen Fastenexerzitien erstmals in die Abgeschiedenheit der Albaner Berge.

Autor/in:
Christoph Schmidt
 (DR)

Ariccia ist ein malerisches Nest auf dem Kraterrand zwischen zwei Vulkanseen. Von der kleinen Piazza della Repubblica geht der Blick über die mittelitalienische Küstenebene bis zum Mittelmeer. Keine 30 Kilometer nördlich brodelt Rom. An den Wochenenden zieht es viele Hauptstädter hierher, um frische Luft zu atmen. Dazu bestellt der Römer eine "Porchetta". Ariccia ist legendär für seinen Spanferkel-Braten, und die "Porchetta" fehlt auf keiner Speisekarte.

Dem Kulturmenschen bietet der Ort mit dem Palazzo der Familie Chigi einen der prunkvollsten Paläste Mittelitaliens. Regisseur Luchino Visconti nutzte 1963 die perfekt erhaltenen Räume aus dem 16. bis 18. Jahrhundert als Kulisse für sein Epos "Der Leopard" mit Burt Lancaster und Claudia Cardinale. Vier Kardinäle und der Barock-Papst Alexander VII. (1655-1667) schmücken die Ahnenreihe der Chigi. Angefangen hatten sie als Bankiers.

Ein stiller Ort der Askese

Abseits von Prunk und Spanferkel beginnt Papst Franziskus an diesem Sonntag die traditionellen päpstlichen Fastenexerzitien. Die Casa Divin Maestro liegt zwei Kilometer vom Stadtkern entfernt landeinwärts inmitten dichter Wälder. Der moderne Gebäudekomplex gehört der Gesellschaft vom heiligen Paul. 124 Zimmer und fünf Kapellen zählt das Anwesen, durch den Wald führt ein Kreuzweg. Es ist ein stiller Ort der Askese hoch über dem Albaner See, auf dem Alexander VII. einst Seeschlachten nachstellen ließ.

Als erster Papst seit langem verzichtete Franziskus im vergangenen Jahr auf die Sommerfrische in der nahen Residenz Castel Gandolfo. Der Brauch erschien ihm zu monarchisch und inmitten der italienischen Wirtschaftskrise unangebracht. Nun verbringt er die Fastenexerzitien mit den vatikanischen Behördenleitern - ebenfalls als erster Papst - nicht im Vatikan, sondern in der Abgeschiedenheit der Albaner Berge. Das dürfte ein Indiz dafür sein, welchen Stellenwert der Jesuit den Besinnungstagen beimisst. Der jesuitische Ordensgründer Ignatius von Loyola (1491-1556) entwickelte diese Form der Spiritualität in einer Zeit, in der sich die katholische Kirche hinterfragen und wiederfinden musste.

Noch in der vergangenen Woche hat Franziskus bei einer Audienz die geistliche Kraft der Exerzitien gerühmt und die Gläubigen dazu ermutigt. Solche Tage seien eine Einladung, die Schönheit und Liebe Gottes neu zu erleben, deshalb wünsche er sich für seine Kirche viele Exerzitienhäuser, sagte er. Nach seiner Ankunft am Sonntagnachmittag - der Papst reist gemeinsam mit den Kurialen im Autobus an - gehorchen die Tage einem strengen Ablaufplan. Um 7.30 Uhr feiert Franziskus die Morgenmesse; nach dem Frühstück folgen von 9.30 Uhr bis 12.30 Uhr Meditationen. Sie werden von 16 Uhr bis 18 Uhr fortgesetzt. Die geistlichen Übungen enden mit einer Vesper und der eucharistischen Anbetung. Abendessen ist um halb Acht. Am Freitagvormittag kehrt Franziskus zurück in den Vatikan.

Besondere Verbundenheit mit den Ordensgemeinschaften

Die Ortswahl des Papstes dürfte auch ein Hinweis auf dessen besondere Verbundenheit mit den katholischen Ordensgemeinschaften sein. Mehrfach tagte in der Casa Divin Maestro die Konferenz der Ordensoberen, auch einzelne Orden trafen sich hier zu internationalen Zusammenkünften. Serviten, Palottiner und die Paulus-Schwestern wählten dabei zum ersten Mal Nichteuropäer an die Spitze ihrer Gemeinschaften. Die 1914 vom italienischen Priester und Seligen Giacomo Alberione gegründete Gesellschaft vom heiligen Paul, der die Casa gehört, ist stark in der katholischen Medienarbeit engagiert.

Rund um den Palast der Chigi empfinden es viele als Ehre, den Papst in der kommenden Woche so nah bei sich zu haben, auch wenn sie ihn nicht zu Gesicht bekommen. Das sei vielleicht eine Entschädigung dafür, dass das Geschäft mit der Porchetta in der Fastenzeit nicht ganz so brummt wie im übrigen Jahr, meint eine Kellnerin. Vielleicht schaffe er ja beizeiten mal den Weg in die Stadt. Franziskus' kunstbegeisterter Vorgänger Benedikt XVI. jedenfalls hatte die bis ins Detail restaurierten Räume des prächtigen Palazzo vor einigen Jahren besucht und auf einem der historischen Flügel eine Mozart-Etüde gespielt.


Quelle:
KNA