Christen - das wiederholt Papst Franziskus gebetsmühlenhaft - sollen nicht im Trüben fischen, sondern ihren Mitmenschen die Frohe Botschaft auch in einer ebensolchen Stimmung nahebringen. Ein Christ ohne Freude habe "ein Gesicht wie ein Kabeljau" und könne niemanden überzeugen, sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche am Mittwoch bei seiner Generalaudienz auf dem Petersplatz.
Rhetorische Tiervergleiche
Kenner der Materie mögen sich nun fragen, ob der Kabeljau tatsächlich miesepetriger dreinschaut als, sagen wir, der Gemeine Zackenbarsch. Aber das sind Petitessen, kleine Fische sozusagen. Entscheidender ist: Der Papst hat es wieder mal getan. Um in handfester Sprache gegen tatsächliche oder vermeintliche menschliche Missstände zu wettern, weicht Franziskus nur zu gern ins Reich der Tiere und Pflanzen aus.
Einen echten Lauf hatte er im Herbst 2022. Da prangerte er einen Hang zu Klatsch und Tratsch in Ordensgemeinschaften an. Lästern hinter dem Rücken anderer bezeichnete er als Plage, vergleichbar einem Holzwurm, "der nach und nach das Zusammenleben und die Kraft des Gemeinschaftslebens zerstört". Kurz zuvor hielt er die Katholiken dazu an, einen unmittelbaren Zugang zu Gott beim Beten zu finden. Es gelte, "nicht Worte nachzuplappern wie ein Papagei". Vielmehr solle man mit Gott sprechen wie mit einem Freund.
Von Straußen und Schafen
Zu den Allzeit-Klassikern gehören: der Vogel Strauß, der sprichwörtlich seinen Kopf in den Sand steckt, um die Probleme der Welt nicht mehr sehen zu müssen. Und natürlich - hier ist der Papst ganz Oberhirte von rund 1,36 Milliarden Katholiken in der Welt - das Schaf.
So rief Franziskus Führungskräfte in Unternehmen zu einem dienenden Leitungsstil auf und verwies in diesem Zusammenhang auf seine Mahnung an die Bischöfe, den "Geruch ihrer Schafe" anzunehmen. In gewisser Weise gelte dies ebenso für Unternehmenschefs: Auch sie sollten "in die Wirklichkeit der ihnen Anvertrauten eintauchen, sie kennenlernen, ihnen nahe sein". Einschränkend hinzufügen möchte man: In Meetings sollten sowohl Vorgesetzte als auch Untergebene wohl lieber nicht wie Schafe riechen; aber gemeint ist das alles ja auch nur im übertragenen Sinne.
Haustiere als Kinder-Ersatz in der Kritik
Im Unterschied zum Schaf haben manch andere Vierbeiner einen eher schweren Stand bei Franziskus. Heutzutage gebe es viele Paare, die keine Kinder wollten, stattdessen aber "zwei Hunde, zwei Katzen haben, die den Platz von Kindern einnehmen", beklagte er einmal. Eine heikles Thema, nicht nur für Katholiken. Zu anderer Gelegenheit bezeichnete Franziskus die Zeugung von Nachwuchs mit Blick auf die Geburtenrückgänge in Italien und anderen europäischen Ländern gar als "patriotische Aufgabe".
Aber - was hatte er doch gleich vor ein paar Jahren auf dem Rückflug von den Philippinen gesagt: "Einige glauben - entschuldigt bitte das Wort - um gute Katholiken zu sein, müssen wir sein wie Kaninchen, nicht wahr?" Doch drei Kinder, das meinten zumindest Experten, seien für den Erhalt der Bevölkerung völlig ausreichend. So richtig aufatmen dürften da allerdings wohl nur die wenigsten.
Dann doch lieber ein schneller Haken, ab durchs Gebüsch und mitten hinein ins Reich der Pflanzen. "Ein fallender Baum macht mehr Lärm als ein wachsender Wald." So trocken kommentierte der Papst 2013 in einem TV-Iinterview mit dem brasilianischen Sender Globo einen Geldwäsche-Verdacht gegen einen Kurienmitarbeiter. Mehr Würze legte er dagegen in sein Bedauern über griesgrämige Christen, die herumliefen "wie essigsaure Chili-Schoten".
Lamentieren hilft nicht weiter - auch angesichts leerer werdender Kirchenbänke bei katholischen Messfeiern. "Was den Gottesdienstbesuch betrifft, besonders den am Sonntag, ist es wichtig, nicht von Zahlen besessen zu sein", schreibt der Papst seinen Schäfchen ins Stammbuch. "Ich ermutige euch, die Schönheit des Kleinen zu leben, ein Senfkorn zu sein, kleine Herde, eine Handvoll Sauerteig, zartes Flämmchen, eine Prise Salz." Und bloß kein Kabeljau oder Holzwurm.