"Mit Blick auf eine gesunde Beziehung zwischen Gerechtigkeit und Liebe darf das Kirchenrecht nicht vom Grundprinzip des Seelenheils absehen", sagte der Papst am Freitag im römischen Kirchengericht für Ehefragen, der Rota. Kirchengerichte müssten ein "spürbarer Ausdruck eines diakonischen Dienstes des Rechts" sein.
Franziskus äußerte sich vor Bischöfen, die in den vergangenen Tagen einen Kurs über das erneuerte Eheprozessrecht in Rom absolvierten. Er verwies auf die Mahnung seines Vorgängers Paul VI. (1963-1978), die Kirche müsse sich mit ihrer Verkündigung "ins Konkrete der Lebenssituationen und der Menschen begeben". Der Papst weiter: "Das Seelenheil der uns anvertrauten Personen stellt das Ziel jeden pastoralen Handelns dar."
"Weiter Glieder der Kirche"
Die Kirche sei jenen nahe, die "wegen des Scheiterns ihrer Ehe der Gemeinschaft der Kirche fernstehen oder sich selbst außerhalb sehen", so Franziskus. Solche Personen blieben als Getaufte weiter Glieder der Kirche. Den Bischöfen obliege "die schwere Verantwortung des Amtes, das wir von Jesus als dem Göttlichen Hirten, Arzt und Seelenrichter erhalten haben, sie nie als getrennt vom Leib Christi zu betrachten, der die Kirche ist".
Die Oberhirten müssten sich "ihnen und ihrer ungeregelten Situation zuwenden", so Franziskus weiter. In einer Generalaudienz Ende Juni 2015 hatte der Papst ebenfalls von "sogenannten irregulären Situationen" gesprochen und angefügt: "Ich mag diesen Ausdruck nicht!" Weiter mahnte Franziskus in seiner Ansprache in der Rota, jeder Gläubige müsse ungehinderten Zugang zu kirchlichen Gerichten haben.
2015: schnelleres Eheannullierungsverfahren eingeführt
Keine wirtschaftlichen oder organisatorischen Gründe dürften die kirchenrechtliche Überprüfung der Gültigkeit einer Ehe behindern. Im September 2015 hatte Papst Franziskus ein schlankeres und teils schnelleres Eheannullierungsverfahren eingeführt.
Sein Kurs der Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung des christlichen Gebots der Barmherzigkeit wird von Teilen des Kardinalskollegiums kritisch hinterfragt. Sie berufen sich auf amtliche Lehraussagen von Papst Johannes Paul II. (1978-2005), der kirchenrechtliche Ausnahmen ausgeschlossen hat.