Papst Franziskus: Ordensgemeinschaften sollen Flüchtlinge aufnehmen

"Brisanz ist in der Gesellschaft angekommen"

Papst Franziskus hat Ordensgemeinschaften aufgefordert, ihre Räumlichkeiten für Flüchtlinge, und nicht für Hotelgäste zur Verfügung zu stellen. Schwester Regina Pröls von der Dt. Ordensoberenkonferenz begrüßt den Vorschlag.

Papst Franziskus besucht Flüchtlingszentrum (dpa)
Papst Franziskus besucht Flüchtlingszentrum / ( dpa )

domradio.de:  Konkret lautet die Forderung des Papstes: Flüchtlinge statt Hotelgäste. Was sagen Sie ganz allgemein zu dieser Forderung?

Schwester Regina Pröls: Es passt zu unserem Papst Franziskus. Er überrascht uns immer wieder, er besticht durch seine einfache, verständliche Sprache  und  er wird ganz konkret. Er bleibt nicht dabei, die Botschaften auf der geistlichen Ebene zu verkünden, sondern er wird ganz konkret, und das ist neu.

domradio.de: Finden Sie das gut?

Sr. Pröls: Ich finde das gut. Es kommt ganz schnell an und trifft auf und führt in das direkte Gespräch, in die direkte Auseinandersetzung,  ins Nachdenken und Reflektieren.

domradio.de: Sie sind selbst sozusagen Chefin eines Klosters in Oberfranken und haben eine Übersicht auch als stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Ordensoberenkonferenz für die Belange von Klöstern allgemein. Wie ist es konkret eigentlich möglich, diese Forderung umzusetzen, also Flüchtlinge aufzunehmen?

Sr. Pröls: Der Papst hat selber darauf hingewiesen, und das hat er auch so gesagt, dass solche Schritte Mut, Entscheidungsvermögen und auch Verantwortungsbewusstsein brauchen. Die Aufnahme von Flüchtlingen kann gut aufgenommen werden von Ordensgemeinschaften, aber es braucht die unbedingte Vernetzung mit staatlich-kommunalen Strukturen, d.h. mit der Einladung, unsere Immobilien zu überprüfen, ist gleichzeitig auch die Einladung ausgesprochen, auf Verantwortungsträger in Staat und Kommune zuzugehen. Denn ohne diese Zusammenarbeit wird es nicht möglich sein, eine gute Flüchtlingsarbeit zu machen. Das ist auch die Einladung, ins Gespräch zu kommen, und das begrüße ich sehr. 

domradio.de: Dieser Vorschlag kommt ja nicht aus heiterem Himmel. Darauf sind die Orden wahrscheinlich auch schon von sich aus gekommen. Warum bedarf es also einer solchen Forderung des Papstes, damit noch einmal ein Nachdenken beginnt?

Sr. Pröls: Die Forderung des Papstes ist so deutlich und klar, dass die Brisanz mittlerweile nicht nur in Kirchenkreisen, sondern tatsächlich in der Gesellschaft angekommen ist. Das ist auch eine Voraussetzung, damit es gelingen kann. Ordensgemeinschaften haben teilweise schon Einrichtungen geschaffen, recht erfolgreich zum Beispiel die Jesuiten. Andere Gemeinschaften, und das kann ich hier aus meinem persönlichen Wirkungskreis sagen, haben es versucht und sind gescheitert. Es braucht eine gute Infrastruktur, es braucht das Wohl der Kommune, der Mitbürger. Denn ein großer Teil der Akzeptanz hängt auch damit zusammen, wie das Menschenbild ist: Ist der Fremde, der zu mir kommt, mein Bruder, oder ist er erst einmal für mich das Bild von Gefahr oder etwas, das mir Angst macht? Auf dieser Ebene können wir  auch einen großen Beitrag leisten, indem wir es kommunizieren.

domradio.de: Man könnte meinen, die Klöster widmen ihre Gebäude in Hotels und Tagungshäuser um, was ja zunehmend passiert, weil sie Geld verdienen wollen, weil sie Profit machen wollen. Was steckt hinter dieser Idee, diesem Trend der vergangenen Jahre, die Klöster umzuwidmen in moderne Hotelanlagen?

Sr. Pröls: Das hat schon seinen Sinn und bedient mehrere Bedürfnisse: Das Bedürfnis der Klöster, präsent zu sein, Gäste einzuladen, am Leben teilzuhaben. Es bedient das Bedürfnis von suchenden Menschen, die die Nähe des Klosters, die Struktur, diese Ordnung, die Räume der Gebetserfahrung suchen. Es bedient auch eine wirtschaftliche Seite der Klöster. Denn es ist so, dass viele Klöster an dem Phänomen Überalterung in Deutschland zu tun haben und ihre Existenzsicherung mit Mieteinnahmen unterstützen. Von daher ist es natürlich eine Sache, die genau analysiert werden muss. Ich denke, in dem Moment, wo es Profitgier ist, ist ein Betrieb einer Hotellerie nicht angebracht. Es braucht einfach die gute Reflexions- und Motivationsklärung.

domradio.de: Schauen wir noch einmal auf die Forderungen des Papstes, dass die Klöster Flüchtlinge aufnehmen sollen. Wie wirkt sich diese Forderung jetzt aus?

Sr. Pröls: Ich glaube, dass sie direkt ankommt. Ich habe schon aus einer Diözese mitbekommen, dass ein Bischof reagiert hat und er einen Brief gesandt hat an die Ordensgemeinschaften. Ich habe in meiner eigenen Gemeinschaft gerade die Initiative laufen, dass wir anlässlich eines Festes einer sozialen Erstaufnahmeeinrichtung hier regional Unterstützung geben. Das ist jetzt ein finanzieller Beitrag, kein räumlicher und auch kein personeller. Das sind erste Schritte, und ich bin mir sehr sicher, dass die Thematik ganz intensiv in den nächsten Wochen diskutiert werden wird und dass auch Konsequenzen folgen werden.

Das Gespräch führte Christian Schlegel

Schwester Maria Regina Pröls ist stellvertretende Vorsitzende der Dt. Ordensoberenkonferenz und die Generaloberin der Franziskanus-Schwestern von Vierzehnheiligen in Oberfranken.


Kirchenräume öffnen (dpa)
Kirchenräume öffnen / ( dpa )
Quelle:
DR