Papst gibt deutschen Kirchen ökumenischen Rückenwind

"Der Papst hat uns wohlwollend angeschaut"

500 Jahre nachdem die Reformation durch Luthers Thesenanschlag in Deutschland ihren Ausgang nahm, wollen Kirchenvertreter aus dem Ursprungsland der kirchlichen Erneuerungsbewegung das Trennende überwinden. Im Papst sehen sie einen Verbündeten.

Papst und EKD-Ratsvorsitzender / © Servizio Fotografico L'osservato (dpa)
Papst und EKD-Ratsvorsitzender / © Servizio Fotografico L'osservato ( dpa )

Das Jahr des 500. Reformationsjubiläums wollen evangelische und katholische Kirche in Deutschland zu einer weiteren Annäherung nutzen. Am Montag holten sie sich dafür Rückenwind von Papst Franziskus: Bei einer Audienz für Spitzenrepräsentanten der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) im Vatikan sagte Franziskus, die Christen beider Konfessionen müssten sich mit allen Kräften darum bemühen, die noch bestehenden Hindernisse auf dem Weg zur sichtbaren Einheit zu überwinden.

Keine offizielle Reaktion auf Deutschland-Einladung
Wenn es nach dem Wunsch von EKD und katholischer Deutscher Bischofskonferenz geht, könnte schon bald ein Deutschlandbesuch des Papstes im Ursprungsland der Reformation ein weiteres ökumenisches Zeichen setzten. Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm und der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, nutzten die Audienz, Franziskus gemeinsam nach Deutschland einzuladen. Eine offizielle Reaktion des Vatikan gab es zunächst nicht. "Der Papst hat uns wohlwollend angeschaut", sagte Marx. Franziskus werde selbst entscheiden, wann dieser Besuch möglich ist, sagte Bedford-Strohm, der hervorhob, dass er die Einladung als Repräsentant der rund 22,3 Millionen deutschen Protestanten ausgesprochen habe.

Auch gemeinsames Abendmahl ein Thema

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Joachim Gauck hatten den aus Argentinien stammenden Papst bereits 2015 nach Deutschland eingeladen. Dass der 2013 gewählte Pontifex der Einladung aber noch im laufenden Jubiläumsjahr folgt, gilt angesichts anderer Reisezusagen als unwahrscheinlich. 2011 hatte Franziskus' Vorgänger Benedikt XVI. seine deutsche Heimat letztmals besucht.

Die deutschen Kirchenvertreter rückten bei der Audienz das konkrete Bemühen um ein gemeinsames Abendmahl für Eheleute unterschiedlicher Konfession in den Fokus. Der EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm sagte in seiner Rede, es sei eine "mitunter schmerzhafte Realität", wenn christliche Familien mit Angehörigen unterschiedlicher Konfession nicht gemeinsam zum Abendmahl gehen dürfen. Auch Papst Franziskus sprach von einem "Schmerz" konfessionsverschiedener Eheleute. Wer allerdings erwartet hatte, dass Franziskus hier an seine Aussage vor der evangelischen Gemeinde Roms 2015 anknüpfen könnte, wurde im Redetext nicht fündig. Damals hatte Franziskus nach gängiger Lesart angedeutet, dass gemischt konfesionelle Paare in dieser Frage letztlich ihrem Gewissen folgen sollten.

Papst: "Feindseligkeiten haben ein Ende"

Allzu lange hätten Protestanten und Katholiken Feindseligkeiten gehegt und sich "in Kämpfe verbissen, die durch politische Interessen und durch Machtstreben genährt wurden", beklagte der Papst. Dabei hätten sie bisweilen nicht davor zurückgeschreckt, einander Gewalt anzutun.

Kardinal Marx sagte nach der Audienz, von Deutschland sei die Trennung zwischen Katholiken und Protestanten ausgegangen. "Wir haben eine besondere Verantwortung, das uns noch Trennende zu überwinden", sagte der Münchner Erzbischof, der die EKD-Delegation in den Vatikan begleitet hatte.

Trump auch ein Thema

Die Audienz zeigte ein weiteres Mal, dass Franziskus das Reformationsgedenken sehr ernst nimmt. Das hätte anfangs nicht jeder von dem lateinamerikanischen Papst erwartet. Schließlich hat in dessen Heimatland Argentinien die "Evangelische Kirche am La Plata" weniger Mitglieder als eine Pfingstkirche namens "Zukunftsvision".

Tatsächlich erweckten Franziskus' Besuch einer pfingstkirchlichen Gemeinde 2014 sowie seine regelmäßigen Begegnungen mit Vertretern von Freikirchen zeitweilig den Eindruck, er ziehe die Charismatiker den etablierten evangelischen Kirchen vor. Doch spätestens das ökumenische Gebet des Papstes mit Spitzenvertretern des Lutherischen Weltbundes (LWB) am Reformationstag 2016 im schwedischen Lund hat dieses Bild relativiert.

Und auch Donald Trump durfte an diesem Montag in Rom nicht fehlen. Sie seien schließlich keine "Oberbefehlshaber", die Anweisungen twitterten, so Kardinal Marx. Er wollte damit offenbar sagen, dass Ökumene Zeit brauche und man sich vom gemeinsamen Reformationsgedenken 2017 keine Wunder erwarten darf. Man hoffe, dass der Papst «"rgendwann" komme, so der Münchner Kardinal. Aber eine gemeinsame Eucharistiefeier dürfe man sich da nicht gleich erwarten. "So schnell geht es auch nicht."

Lutherbibel als Gastgeschenk

Als Gastgeschenk überreichte Bedford-Strohm, der im Anschluss von einer "sehr herzlichen Begegnung sprach", dem Pontifex ein Exemplar einer Lutherbibel, die anlässlich des Jubiläums grundlegend überarbeitet worden war. Einer Widmung "in ökumenischer Verbundenheit" stellte er das Bibelwort "Ein HERR, ein Glaube, eine Taufe; ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen" (Epheser 4, 5-6) voran.

Die evangelische Kirche feiert noch bis Oktober dieses Jahres 500 Jahre Reformation. Am 31. Oktober 1517 hatte Martin Luther (1483-1546) seine 95 Thesen gegen die Missstände der Kirche seiner Zeit veröffentlicht. Der legendäre Thesenanschlag gilt als Ausgangspunkt der weltweiten Reformation, die die Spaltung in evangelische und katholische Kirche zur Folge hatte. Anders als in vorangegangenen Jahrhunderten wird der 500. Jahrestag mit einem starken ökumenischen Akzent gefeiert.


Quelle:
epd , KNA