Papst kämpft für die Zukunft des Kongo

Von päpstlichen Aufrufen und praktischer Umsetzung

Papst Franziskus ruft unermüdlich zur Verbesserung der Lage im Kongo auf. Seine Adressaten am Donnerstag: die vielen Jugendlichen des Landes. Zugleich zeigen Ordensfrauen Einsatz für Menschen in der Hauptstadt.

Autor/in:
Severina Bartonitschek
Kinshasa: Papst Franziskus (r) schaut sich traditionelle Tänzer an, die im Märtyrerstadion auftreten.  / © Gregorio Borgia/AP (dpa)
Kinshasa: Papst Franziskus (r) schaut sich traditionelle Tänzer an, die im Märtyrerstadion auftreten. / © Gregorio Borgia/AP ( dpa )

"Fatshi, pass auf, dein Mandat geht zu Ende!" - wiederholt schallt der Schmähgesang durch das Märtyrer-Stadion in Kinshasa. "Fatshi" ist die Kurzform für Felix Tshisekedi, den Präsidenten der Demokratischen Republik Kongo. Der ist am Donnerstag ebenfalls vor Ort, als Papst Franziskus Zehntausende Jugendliche aufruft, ihr Leben und ihre Zukunft selbst in die Hand zu nehmen.

Der Papst trifft am dritten Tag seiner Afrika-Reise in der Demokratischen Republik Kongo junge Menschen im Stadion der Hauptstadt Kinshasa.  / © Gregorio Borgia/AP (dpa)
Der Papst trifft am dritten Tag seiner Afrika-Reise in der Demokratischen Republik Kongo junge Menschen im Stadion der Hauptstadt Kinshasa. / © Gregorio Borgia/AP ( dpa )

Dabei wieder besonders im Blick: die Korruption. Schon in den vergangenen Tagen seiner Reise in den Kongo rief er zu ihrer Bekämpfung auf. Die Jugendlichen nutzen derweil die Gelegenheit, um ihrem offensichtlichen Unmut über die Regierung Luft zu machen.

Franziskus wird gefeiert

Seit seiner Ankunft feiern die Kongolesen den Besuch des Kirchenoberhaupts. Die rund 65.000 Jugendlichen im Stadion übertreffen die vergangenen Tagen an Fröhlichkeit und vor allem Lautstärke noch einmal deutlich. Ähnlich einem Fußballspiel begleiten Sprechchöre und Gesänge nahezu die gesamte Begegnung. So sehr, dass der Veranstalter die Jugendlichen laut zur Ordnung rufen muss: "Lasst den Papst sprechen!"

Den hat der ganze Trubel um ihn herum offenbar angesteckt. Energisch warnt er die Jugendlichen vor Drogen, Okkultismus, Hexerei, Gewalt und Krieg. Beim Thema Korruption rät er den jungen Menschen, sich nicht vom "Sumpf des Bösen" verschlingen zu lassen. Dann macht er es den Jugendlichen gleich und stimmt einen improvisierten Sprechgesang an: "Nein zur Korruption!" - "Wir wollen keine Korruption!", rufen die jungen Menschen zurück. Dann folgt der unter Einheimischen bekannte und im Kongo häufiger genutzte Schmähgesang auf den Präsidenten.

Ordensfrauen mit großem Engagement

Den Kindern und Jugendlichen im Land gehe es nicht gut, sagt Alina Lyna Kana. Die kongolesische Ordensfrau leitet die Gemeinschaft der Hospitalschwestern in Kinshasa. Die Reichen würden immer reicher, die Armen ärmer. Die meisten Eltern könnten sich nur die Grundschulbildung bis zum zwölften Lebensjahr ihrer Kinder leisten, wenn überhaupt. Die meisten öffentlichen Schulen seien dabei nicht besonders gut, weil auch die Lehrkräfte schlecht bezahlt würden. Ohne weitere Bildung hätten die jungen Menschen dann kaum eine Chance, eine ausreichend bezahlte Arbeitsstelle zu finden.

Menschen winken und schwenken Fähnchen vor dem Beginn einer Messe mit Papst Franziskus am 2. Februar 2023 / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Menschen winken und schwenken Fähnchen vor dem Beginn einer Messe mit Papst Franziskus am 2. Februar 2023 / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

In der Demokratischen Republik Kongo liegt das durchschnittliche Alter der Bevölkerung bei unter 20 Jahren. Rund zwei Drittel sind laut Vereinten Nationen jünger als 25 Jahre. Viele dieser jungen Kongolesen seien ohne Perspektive, erzählt Schwester Alina weiter.

Sie nähmen Drogen, hielten sich in den Straßen auf, begingen Straftaten. Das Arbeitsangebot sei begrenzt, beschränke sich auf Straßenverkäufer oder Dienste für reiche Haushalte. Und dieser Kreislauf setze sich von Generation zu Generation fort. Der Staat tue nichts dagegen.

Die Ordensschwestern selbst unterhalten in Kinshasa zwei eigene Einrichtungen, um Menschen mit vornehmlich psychischen Problemen zu unterstützen. Die Angebote des katholischen Ordens seien die einzigen dieser Art in der 15-Millionen-Einwohner-Stadt. Das liege daran, dass viele Kongolesen psychische Erkrankungen für Besessenheit hielten. Als unglückbringend würden die "Besessenen" auf der Straße ausgesetzt.

Psychisch Kranke gelten als Besessene

Seit 1989 kümmert sich der Orden um diese Menschen. Kürzlich haben sie eine Praxis für Allgemeinmedizin auf ihrem Gelände eröffnet. Der Grund: Neben Arbeitsangeboten sollen ihre Patienten auch medizinisch noch besser betreut werden. Vertreter des Staates seien bei der Eröffnung mit viel Lob dabei gewesen. "Wir sind hier, um sie zu unterstützen", hätten sie gesagt. Aber sie tun gar nichts, so die Ordensschwester.

Während der Papst in einer Ecke der Stadt den jungen Menschen Mut für eine bessere Zukunft zuspricht, arbeiten die Ordensfrauen in einer anderen an der Zukunft einer jungen Frau mit Baby. Am Morgen seien sie den beiden auf der Straße begegnet, die Mutter offenbar mit großen psychischen Problemen belastet, erzählt Schwester Alina. Die Ordensfrauen hätten sie direkt in ihre Einrichtung gebracht. Dort wollen sie sich nun um die weitere Patientin kümmern - auch ohne staatlichen Zuschuss.

Demokratische Republik Kongo

Die Demokratische Republik Kongo ist nach Algerien der zweitgrößte Flächenstaat Afrikas und fast siebenmal so groß wie Deutschland. Auf einem Gebiet, das etwa einem Viertel der Größe der USA entspricht, leben rund 90 Millionen Menschen. Der Kongo ist ein Vielvölkerstaat mit mehr als 200 Ethnien. Das Land im Zentrum Afrikas, das von 1971 bis 1997 Zaire hieß, hat gemeinsame Grenzen mit Kongo-Brazzaville, der Zentralafrikanischen Republik, dem Südsudan, Uganda, Ruanda, Burundi, Tansania, Sambia und Angola.

Eine Hütte an einem Hang in Burhale im Kongo ist von Bäumen und Stauden umgeben / © Harald Oppitz (KNA)
Eine Hütte an einem Hang in Burhale im Kongo ist von Bäumen und Stauden umgeben / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA