Papst-Kontroverse: Reaktionen aus In- und Ausland

Verständnis, aber auch Kritik

Die CSU hat Kritik aus der islamischen Welt an den jüngsten Papstäußerungen als ungerechtfertigt zurückgewiesen. Der Vatikan habe ausdrücklich die respektvolle Haltung des Papstes gegenüber dem islamischen Glauben betont, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Hartmut Koschyk, am Freitag in Berlin.Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, bezeichnete die Äußerungen des Papstes dagegen als "merkwürdig einseitig und geschichtsblind".

 (DR)

Die CSU hat Kritik aus der islamischen Welt an den jüngsten Papstäußerungen als ungerechtfertigt zurückgewiesen. Der Vatikan habe ausdrücklich die respektvolle Haltung des Papstes gegenüber dem islamischen Glauben betont, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Hartmut Koschyk, am Freitag in Berlin.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, bezeichnete die Äußerungen des Papstes dagegen als "merkwürdig einseitig und geschichtsblind". Christentum, Judentum und Islam müssten sich die Akzeptanz von Religionsfreiheit und Pluralismus erst erarbeiten. "Deshalb gibt es keinen Anlass, eine dieser Religionen gegenüber der anderen als überlegen hinzustellen", sagte Beck.

Die Bundesregierung wollte die Diskussion um die Papst-Äußerungen nicht kommentieren. "Ich möchte keine Bewertung abgeben zu Vorgängen, die Religionsgemeinschaften betreffen", sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Er verwies auf die Äußerungen eines Vatikan-Sprechers, wonach der Papst den Islam respektiere und den Dialog vorantreiben wolle. Wilhelm betonte, die Bundesregierung setze auf ein friedliches Miteinander von Muslimen und Nicht-Muslimen in Deutschland.

Türkischer Bischof: Proteste von antichristlich eingestellten Kreisen gesteuert
Der türkische Bischof Luigi Padovese sieht die muslimischen Proteste als von antichristlich eingestellten Kreisen gesteuert. Diese suchten nicht den Dialog, sondern die Gelegenheit, ihre extremen Positionen und Verleumdungen vorzubringen, sagte der Apostolische Vikar für Anatolien am Freitag dem römischen Pressedienst asianews.

Auch die türkischen Medien hätten den Deutschlandbesuch Benedikt XVI. so lange ignoriert, bis sie einen Anlass für Polemiken gefunden hätten. "Damit soll die antichristliche Stimmung, die in den vergangenen Monaten immer stärker wurde, weiter angefacht werden", so Padovese.

Der italienische Theologe zeigte sich besorgt, welche Auseinandersetzungen bei der für Ende November geplanten Türkei-Reise des Papstes zu erwarten seien. Zugleich wies er darauf hin, dass sich die Türkische Bischofskonferenz am Montag treffen werde, um weitere Details des Besuchs zu besprechen.

Vatikan-Islamexperte: "Schnell zu klärendes Missverständnis"
Als "Strohfeuer" und "vermutlich schnell zu klärendes Missverständnis" hat der neue Leiter des Päpstlichen Islam-Instituts PISAI, Miguel Ayuso, die Kritik von islamischer Seite an den Ausführungen des Papstes bezeichnet. Kirche und Vatikan seien dem Respekt und dem Dialog mit dem Islam verpflichtet. Und dieser Dialog müsse und werde weitergehen, sagte er am Freitag auf Anfrage in Rom. Die Motive der kritischen Stellungnahmen etwa aus Ankara seien ihm unklar, sagte Ayuso. Vermutlich lägen sie eher im politischen und im diplomatischen Bereich als in der Religion, vermutete der Islamexperte.

Dem Papst sei es in seiner Regensburger Rede darum gegangen, grundsätzlich jede Gewalt im Namen Gottes zu verurteilen. Ayuso äußerte sich zuversichtlich, dass Benedikt XVI. Ende November seine Reise in die Türkei wie geplant antreten werde. Der Präsident der obersten türkischen Religonsbehörde, Ali Bardakoglu, hatte dagegen betont, er erwarte sich keinen Nutzen vom Papstbesuch. Dieser habe eine "Kreuzfahrermentalität" und "feindselige Haltung" gezeigt.

Hans Küng: "Verständnis für die islamischen Reaktionen"
Der Gründer des Projekts Weltethos, der katholische Theologe Hans Küng, hat "ein gewisses Verständnis"
für die islamischen Reaktionen. Der Papst habe ganz sicher nicht provozieren wollen, betonte Küng am Freitag in einem Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Daran habe Benedikt XVI.
"überhaupt kein Interesse".

Küng kritisierte, Benedikt XVI. habe in seiner Ansprache Gewalt einseitig dem Islam zugeordnet, aber nicht die seit der Konstantinischen Wende im vierten Jahrhundert mit dem Christentum verbundene Geschichte der Gewalt erwähnt. Die Muslime erinnerten sich nicht nur der Kreuzzüge, sondern auch der gewaltsamen europäischen Kolonialisierungspolitik im 19. Jahrhundert vom Atlantik bis Malaysia.

Küng begrüßte die Aufforderung des Papstes an Bundespräsident Horst Köhler, die Muslime in Deutschland besser zu integrieren. Hinter "sehr viel Menschlichkeit und Offenheit" stehe bei Benedikt XVI. jedoch manchmal auch eine dogmatische Starre, die kontraproduktiv sei.
(KNA, epd, dr)