Papst mahnt Priester zur Selbstreflexion

"Den herben Geruch des Elends wahrnehmen"

Bei Vorträgen in drei römischen Basiliken hat Papst Franziskus Priester zum Dienst für Arme und Ausgegrenzte aufgerufen. Die Geistlichen müssten den "herben Geruch des Elends wahrnehmen, in Feldlazaretten, Zügen und Booten voller Menschen".

Priestertag mit Franziskus / © Osservatore Romano (dpa)
Priestertag mit Franziskus / © Osservatore Romano ( dpa )

In der Basilika Sankt Paul vor den Mauern sagte Franziskus am Donnerstag, die Liebe der Kirche habe zu allererst den Notleidenden zu gelten. Aufgabe sei es, eine "Kultur der Barmherzigkeit zu schaffen und zu institutionalisieren". Franziskus äußerte sich bei einem Besinnungstag für tausende katholische Geistliche aus aller Welt. Dabei ging es um das Berufsprofil von Priestern.

Für die Beichtseelsorge riet Franziskus den Priestern, "niemals den Blick des Justizbeamten" zu haben oder unter der "Sturheit eines Beamten" das Gespür für die Menschen zu verlieren. Weiter empfahl er, Geistliche sollten nicht in der Seele der anderen "herumschnüffeln".

Charakteristisch für die Barmherzigkeit sei, "dass sie die Sünde mit ihrem Mantel bedeckt, um die Würde nicht zu verletzen". Vor seinem Besuch in Sankt Paul vor den Mauern predigte Franziskus in der Lateranbasilika und in Santa Maria Maggiore. Die Teilnehmer konnten den Meditationen in den anderen Kirchen jeweils durch eine Live-Übertragung folgen.

Auch Priester bedürfen der Vergebung

In der Lateranbasilika mahnte der Papst die Geistlichen am Donnerstagvormittag, sich selbst mit den moralischen Tiefpunkten ihres Lebens zu konfrontieren, um zur Barmherzigkeit fähig zu werden. Diese Zuwendung zu anderen müsse existenziell und konkret sein: Es sei "typisch für die Barmherzigkeit, dass sie sich die Hände schmutzig macht", so der Papst. Darin sei sie keineswegs naiv: "Nicht, dass sie die Sünde nicht sähe, aber sie achtet darauf, wie kurz das Leben ist, und auf all das Gute, das noch zu tun bleibt."

Auf seiner zweiten Station in der Basilika Santa Maria Maggiore betonte Franziskus, auch katholische Priester bedürften der Vergebung. "Fast alle großen Heiligen waren große Sünder", sagte er. Niemand könne andere besser vom Bösen abbringen als derjenige, der selbst Barmherzigkeit erfahren habe. Ähnlich seien die besten Drogentherapeuten oft die, "die sich selbst von der Sucht befreit haben".

Bischöfe stünden in der Pflicht, ihre Priester vor dem Gefühl der Einsamkeit und Verlassenheit zu bewahren. Andernfalls drohten sie "eine Beute der Weltlichkeit" zu werden. Franziskus mahnte die Bischöfe auch, Priester in wichtige Entscheidungen einzubinden: "Bezieht sie in die großen Angelegenheiten ein, denn das Herz des Apostels wurde nicht für kleine Dinge geschaffen."

 


Quelle:
KNA