Offiziell war der Hamburger katholische Weihbischof Hans-Jochen Jaschke nie an die Spitze eines Bistums gerückt. Dennoch genießt der bislang dienstälteste Bischof der Hansestadt Bekanntheit weit über den Norden hinaus. Den Experten für Ökumene und interreligiösen Dialog zeichnen Offenheit, Humor, ein scharfer Intellekt und Mut aus. Und gerade dieser ist seiner Kirche oft zugutegekommen, nicht nur in der Missbrauchskrise 2010. Am Samstag nahm der Papst das Rücktrittsangebot des promovierten Theologen an, der am 29. September 75 Jahre alt wurde.
Als 2010 die Debatte um sexualisierte Gewalt an Kindern höchste Wellen schlug, war es vor allem Jaschke, der im Fernsehen bei Plasberg, Illner, Maischberger und Lanz für die katholische Kirche Gesicht zeigte. Denn wenn mancher lieber abtaucht, läuft er zu Hochform auf. Bereits Anfang 1989 kam Jaschke als Weihbischof des Bistums Osnabrück, zu dem Hamburg noch gehörte, in die Hansestadt. Damit ist er einsamer Rekordhalter im Norden: Kein katholischer oder evangelischer Bischof war hier je so lange im Amt.
Für ein friedliches Miteinander der Religionen
Reich ist die Themenpalette von Jaschke, der zum Schülerkreis seines Doktorvaters Joseph Ratzinger und des späteren Papstes Benedikt XVI. gehört. Als Islam-Experte setzt er sich dafür ein, dass Muslime ihren Glauben praktizieren und Moscheen bauen können. Im Umgang der Religionen miteinander fordert er Augenmaß. "Wir können nicht alles gesetzlich regeln", sagte er kürzlich zum Thema Burkaverbot. Umgekehrt bekundete er die Erwartung, dass Mitglieder einer Religionsgemeinschaft die Bevölkerungsmehrheit "auch nicht vor den Kopf stoßen".
Immer wieder lobt Jaschke das gute Verhältnis von Katholiken und Juden und ruft zu Wachsamkeit gegenüber Juden-Feindschaft auf. Rechtspopulistische Positionen gegen Zugewanderte und Andersdenkende geißelt er als braunen Sumpf, warnt Politik und Gesellschaft aber auch davor, auf dem linken Auge blind zu sein. 2009 wurde Jaschke als Vertreter der katholischen Kirche in den Rat der "Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung" berufen - schließlich hat der Theologe persönliche Erfahrung mit dem Thema.
Jaschkes Werdegang
Jaschke wurde am 29. September 1941 im oberschlesischen Beuthen geboren. Nach der Vertreibung kam seine Familie 1945 ins niedersächsische Bückeburg. Auf das Theologie- und Philosophie-Studium in Frankfurt und Münster folgte 1967 die Priesterweihe. 1974 promovierte er in München bei Joseph Ratzinger.
Am 8. Januar 1989 empfing Jaschke in Osnabrück die Bischofsweihe. Als Bischofsvikar im 1995 gegründeten Erzbistum Hamburg war er Vorsitzender der Landescaritasverbände für Hamburg und Schleswig-Holstein. In der Bischofskonferenz war er lange Jahre auch Beauftragter für die Bundespolizei und Mitglied der gemeinsamen Konferenz des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) und der Bischöfe.
Experte in Sachen Ökumene
Sein Geschick in ökumenischen Angelegenheiten kann Jaschke, der privat gern um die Alster radelt, in der nordischen Diaspora hinreichend unter Beweis stellen. Nicht erst seit dem "ökumenischen Katholikentag" im Jahr 2000 in Hamburg trat er immer wieder mit der evangelischen Bischöfin Maria Jepsen auf - geradezu legendär ist ein Foto der beiden im Strandkorb. Jepsens Rücktritt im Juli 2010 bedauerte "Hajo" Jaschke zutiefst.
In voller Dankbarkeit
Mit seinem 75. Geburtstag musste er dem Papst laut Kirchenrecht seinen Rücktritt anbieten. Am Samstag blickte Jaschke beim feierlichen Gottesdienst dankbar auf die Tätigkeit als Weihbischof in Hamburg zurück. "Ich habe gute Zeiten in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg im Dienst der Gemeinden dort gehabt." Auch in Zukunft werde er für die Arbeit im Bistum gern zur Verfügung stehen. "Mal sehen, was noch kommt."
Schon nächste Wochen steht ein bedeutenden Termin an: Er nimmt an der ersten gemeinsamen Reise der Bischofskonferenz und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland ins Heilige Land teil (16. bis 22. Oktober). Bei der Pilgerreise unmittelbar vor Beginn des Reformationsgedenkens 2017 wollen die gut ein Dutzend Teilnehmer an Ursprungsorten des christlichen Glaubens die Verbundenheit der Kirchen zum Ausdruck bringen - sicher ganz nach dem Geschmack des Ökumenikers Hans-Jochen Jaschke.
Sabine Kleyboldt