Papst nimmt Rücktritt von Luxemburger Erzbischof Franck an

Pragmatisch, weltoffen, mehrsprachig

Die Luxemburger Kirche erhält einen neuen Oberhirten. Papst Benedikt XVI. nahm am Dienstag den Rücktritt von Erzbischof Fernand Franck an, der 20 Jahre an der Spitze der Kirche im Großherzogtum stand. Nachfolger wird der Jesuitenpater Jean-Claude Hollerich.

Autor/in:
Christoph Lennert
 (DR)

Der 52-jährige war zuletzt Vizepräsident an der Sophia-Universität in Tokio. Mit dem 77-jährigen Franck scheidet ein Mann aus dem Amt, der Eigenschaften vereinigte, die gemeinhin den Luxemburgern als typisch zugesprochen werden: pragmatisch, gebildet und weltoffen, schlagfertig und jovial - und natürlich mehrsprachig.



Franck wurde am 6. Mai 1934 in Esch/Alzette als Sohn des Chefs der Hüttenpolizei beim Stahlkocher Arbed geboren. Als 20-Jähriger, nach einem Praktikum bei Arbed und dem Wehrdienst, trat Franck 1954 ins Priesterseminar des Großherzogtums ein. Er studierte unter anderem im westfälischen Münster, wo er 1960 zum Priester geweiht wurde. 17 Jahre verbrachte Franck danach in luxemburgischen Pfarreien, übernahm aber auch schon Aufgaben für die ganze Diözese, etwa als Nationaldirektor des Päpstlichen Kindermissionswerks.



1977 wurde Franck zum Generalsekretär des Apostolischen Werkes der Glaubensverbreitung nach Rom berufen. Danach war er ab 1981 geistlicher Beirat der luxemburgischen Botschaft beim Heiligen Stuhl und Konsultor beim Päpstlichen Rat "Cor Unum" sowie beim Päpstlichen Rat für soziale Kommunikation. 1990 wurde Franck Ehrendomherr der Luxemburger Kathedrale. Noch im gleichen Jahr, drei Tage vor Heiligabend 1990, wurde er zum Erzbischof von Luxemburg ernannt.



Andere gesellschaftliche Wirklichkeit

Der Oberhirte, ein Freund theologischer Debatten einerseits und geselligen Meinungsaustauschs andererseits, trat sein Amt in einer Zeit an, in der nicht nur Deutschland und Europa eine Wendezeit erlebten. Auch in Luxemburg änderte sich die gesellschaftliche Wirklichkeit. Das traditionell tief katholisch geprägte Großherzogtum verabschiedete Reformen etwa beim Scheidungsrecht und Sterbehilfe. Franck gehörte zu jenen, die moderat im Ton, aber entschieden in der Sache die katholische Position zu Gehör brachten. Die Debatte über die Sterbehilfe löste dabei eine veritable Staatskrise aus: Großherzog Henri weigerte sich, die an den liberalen Regelungen der Nachbarländer Belgien und Niederlande orientierte Regelung zu unterzeichnen. Per Verfassungsänderung wurde ihm darauf die Befugnis genommen, Gesetze in Kraft zu setzen.



Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) machte Franck im Rückblick den Luxemburger Pragmatismus verantwortlich für die Veränderungen in seinem Land. Ein Vorteil sei, dass man sich im Großherzogtum schnell auf neue Situationen und Gegebenheiten einstellen könne. Ein Nachteil, dass Wertvolles wie der Schutz des Lebens "schnell, zu schnell, über Bord geworfen" werde.



Aber keine Minderheitenkirche

Weniger gravierend als in den Nachbarländern wurde die Kirche im Großherzogtum von Missbrauchsvorwürfen getroffen. Zwar gingen auch bei einer vom Erzbistum schnell eingerichteten Hotline etliche Anrufe und Meldungen ein. Doch die allermeisten Fälle waren schon lange verjährt. Franck fand die Größe, eine klare Entschuldigung auszusprechen. Verschärfte Leitlinien, die unter anderem eine enge Zusammenarbeit mit der Justiz vorsehen, und weitere Maßnahmen trugen dazu bei, dass die Debatte keine Dimensionen erreichte wie etwa in Belgien. Franck und sein Team gelang es zu vermitteln, dass ihnen an einer ernsthaften Aufarbeitung gelegen sei.



Auch innerkirchlich blieb das Großherzogtum in Francks Amtszeit von Veränderungen nicht verschont. Die Zahl der Priester ist auch hier stark rückläufig. Zwar sind Wallfahrten und Prozessionen noch immer überaus gut besucht - nicht nur die berühmte Echternacher Springprozession. Doch nur wenige Jugendliche seien bereit, einen kirchlichen Beruf zu ergreifen, klagte Franck. Auch die Mitgliederzahlen der Verbände sind nach seinen Worten stark rückläufig. Dennoch: Jüngst bekannten sich noch 69 Prozent der Luxemburger in einer Umfrage dazu, katholisch zu sein. Eine Minderheitenkirche wie in Japan, wo Franks Nachfolger Hollerich die vergangenen acht Jahre verbrachte, sind Luxemburgs Katholiken nicht.