Papst und Anglikaner-Primas treffen sich in Rom

Der Dialog geht weiter

Der anglikanische Primas Rowan Williams und Papst Benedikt XVI. haben den gemeinsamen Willen zur Fortsetzung der ökumenischen Gespräche bekräftigt. Bei einem persönlichen Treffen am Samstag im Vatikan erörterten die beiden Kirchenführer die jüngsten Entwicklungen in den bilateralen Beziehungen.

Autor/in:
Burkhard Jürgens
Regelmäßige Treffen: Bischof Williams und Papst Benedikt XVI. (KNA)
Regelmäßige Treffen: Bischof Williams und Papst Benedikt XVI. / ( KNA )

Zumindest ein Angebot des Vatikan hat der anglikanische Primas Rowan Williams bei seinem Besuch am Wochenende in Rom ausgeschlagen: das eines Übertritts zur katholischen Kirche.
Zwar ging es im persönlichen Gespräch zwischen dem weißbärtigen Erzbischof von Canterbury und Papst Benedikt XVI. auch um das jüngst geschaffene Angebot des Heiligen Stuhls für anglikanische Gläubige, die geschlossen zum Katholizismus wechseln wollen. Aber sowohl Williams als auch der Vatikan stellten klar, dass darin kein neuer Weg der Ökumene liegen soll.

Das Spitzentreffen des 59-jährigen Walisers und des 82-jährigen Bayern stand unter genauer ökumenischer Beobachtung. Am 20. Oktober hatte der Vatikan mitgeteilt, dass die katholische Kirche künftig eine Heimat für jene Anglikaner schaffen wolle, die die Gemeinschaft mit dem Papst suchen, aber ansonsten ihre Tradition behalten möchten. Dafür erfand man eigens eine neue Verwaltungsstruktur, sogenannte Personalordinariate. Es war eine Ankündigung mit Überraschungswert. Das Briefing vom Glaubenspräfekten William Levada erfolgte ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, als der vatikanische Ökumene-Beauftragte Kardinal Walter Kasper fernab auf Zypern weilte.

Zwar hatte Williams die Übertrittsmöglichkeit, festgezurrt in der päpstlichen Konstitution «Anglicanorum coetibus» mit Datum vom 4.
November, als eine notwendige Klärung begrüßt. Innerhalb der anglikanischen Gemeinschaft sorgte die Neuerung - und teils auch die positive Haltung des eigenen Primas - für Kontroversen. Der Pakt mit dem Vatikan schien manchen ein zu simpler Ausweg aus internen Konflikten um homosexuelle und weibliche Amtsträger.

Prägnante Kommentierung des neuen Sachstands
Bei seinem ersten Auftritt während seines dreitägigen Rombesuchs lieferte Williams eine kurze, prägnante Kommentierung des neuen Sachstands: Die Aufnahme «ehemaliger Anglikaner» zeige, dass eine gewisse Vielfalt innerhalb der katholischen Kirche nicht gegen die Einheit spreche, sagte der Primas bei einer Tagung zu Ehren des katholischen Ökumene-Pioniers Kardinal Johannes Willebrands (1909-2006). Der konsequente nächste Schritt wäre für Williams, wenn der Heilige Stuhl auch die Vielfalt außerhalb des eigenen Beritts anerkennen würde.

Aus Sicht des Anglikaners jedenfalls sind die offenen Lehrfragen nicht unbedingt «so fundamental kirchentrennend, wie unsere römisch-katholischen Freunde generell annehmen und behaupten». Die Begründungslast für die Trennung liege bei den Katholiken. Jedenfalls will der Primas auch in der Frage der Frauenordination keine Zugeständnisse machen.

Kardinal Kasper, den Williams als «Freund» bezeichnet, wehrte bei der gleichen Veranstaltung eine Verquickung von Übertritten mit der ökumenischen Suche nach Kircheneinheit ab. Die Konstitution sei kein neues vatikanisches Modell für die Aufhebung konfessioneller Trennungen. Bei Ökumene, so Kasper, gehe es weder um eine Ausweitung des eigenen Machtbereichs noch um einen diplomatischen Kompromiss auf der Basis des kleinsten gemeinsamen Nenners.

Willen zur Fortsetzung des Dialogs
Das scheint auch der Tenor des persönlichen Gesprächs zwischen Benedikt XVI. und dem Primas gewesen zu sein. Nach dem, was der Vatikan im Anschluss an das Treffen am Samstag mitteilte, bekräftigten beide den Willen zur Fortsetzung des Dialogs. Bei der als «herzlich» charakterisierten Unterhaltung ging es auch um gemeinsame Herausforderungen. Beide Seiten sehen die Notwendigkeit zur Zusammenarbeit in einer säkularisierten Welt.

Mochte das Thema von den jüngsten Entwicklungen diktiert worden sein - der Besuch des anglikanischen Oberhaupts selbst stand lange vor Bekanntgabe der Konstitution im Kalender. Die brüderlichen Beziehungen, die der Besuch stärken sollte, scheinen in den letzten Wochen nicht nachhaltig gelitten zu haben. Noch in diesem Monat geht es mit der Vorbereitung für das nächste offizielle Dialogtreffen weiter. Binnen Jahresfrist dürften sich Williams und der Papst auch persönlich wiedersehen: Im Herbst wird Benedikt XVI. auf der britischen Insel erwartet - dort, wo sich König Heinrich VIII. 1534 von Rom lossagte und damit die anglikanische Kirche begründete.