Nach Veröffentlichung der Interviewauszüge musste sich die Vatikan-Botschaft in Kiew tagelang mit Anrufen und Appellen auseinandersetzen, wie Botschafter Visvaldas Kulbokas im Interview der Turiner Tageszeitung "La Stampa" (Freitag) sagte.
Die Leute fragten, ob der Vatikan Geld vom russischen Präsidenten Wladimir Putin bekomme, ob Franziskus die Ukraine liebe, warum er nicht in das Land reise und Russland nicht zur Verantwortung ziehe.
Papst-Aussage mit Folgen in der Ukraine
Der Erzbischof wies die Behauptung zurück, der Papst sei pro-russisch eingestellt. Seine Aussagen hätten die Menschen in der Ukraine jedoch verbittert. "Die Ukraine braucht Unterstützung in jeder Hinsicht, auch moralische Unterstützung. Das Interview wurde von vielen als Eingeständnis der Niederlage gelesen, als etwas, das belastet und demoralisiert", sagte Kulbokas.
Eine Folge sei, dass die Katholiken im Land nun mit Misstrauen behandelt würden. Dabei habe der Papst zu einem "Stopp" aufrufen wollen – und dieser Aufruf richte sich zunächst an Russland.
Umstrittene Äußerungen des Papstes
In einem Interview mit einem Schweizer Fernsehsender hatte Franziskus der Ukraine Friedensverhandlungen nahegelegt. Dabei griff er das Symbol der "weißen Flagge" auf, das der Journalist in seiner Frage verwendet hatte.
Die Äußerungen stießen vor allem in der Ukraine und in Osteuropa auf Empörung. Mit dem Bild der weißen Flagge rate der Papst der Ukraine zur Kapitulation, hieß es. Der Vatikan widersprach dieser Interpretation. Botschafter Kulbokas wurde vom ukrainischen Außenministerium einbestellt. Kritik an Franziskus gab es auch in Deutschland und weiteren Nato-Staaten.