Er habe habe zwar auch kein Patentrezept für die schwierige Seelsorgesituation; "aber eine Chance liegt sicher im vielfältigen Engagement der vielen Ehrenamtlichen", so Gänswein. Kirche sei kein Club von Priestern und Hauptamtlichen.
Zugleich rief der Kurienerzbischof dazu auf, sich in Deutschland nicht allein auf Reizthemen wie die Rolle von Frauen in der Kirche, Sexualmoral oder der Sakramentenausschluss für wiederverheiratete Geschiedene zu konzentrieren. "Das sind aus weltkirchlicher Sicht nicht die tiefen Themen des Glaubens" - auch wenn sie in Deutschland "stetig am Köcheln gehalten" würden.
"Höchste Zeit, Ballast abzuwerfen"
Gänswein erinnerte bei dem Podiumsgespräch im Studio des Südwestrundfunks (SWR) an die Forderung von Papst Franziskus nach einer armen Kirche. "Wenn angehäufter Reichtum dem Glaubenszeugnis schadet, dann ist es höchste Zeit, Ballast abzuwerfen."
Dies sei auch das Anliegen von Papst Benedikt XVI. gewesen, als er eine "Entweltlichung" der Kirche anmahnte. "Das Seltsame ist nur, dass Papst Franziskus für seine Aussagen bejubelt wird und Benedikt XVI. für die inhaltlich gleiche Linie Prügel einstecken musste", so Gänswein.
Noch keine weitere Planung
Zu seiner eigenen Karriereplanung - etwa mit Blick auf eine Rückkehr als Diözesanbischof nach Deutschland - wollte sich Gänswein nicht weiter äußern. "Solange Papst Benedikt lebt, werde ich sein Sekretär sein. Es lenkt von meiner Arbeit ab, wenn ich jetzt irgendwelche Planungen mache."
Gänswein wuchs im Südschwarzwald in Riedern am Wald (Landkreis Waldshut/Tiengen) auf und studierte in Freiburg und München Theologie. 1994 wurde er persönlicher Referent des damaligen Freiburger Erzbischofs Oskar Saier. Wenig später wechselte er in den Vatikan und wurde Assistent von Kurienkardinal Joseph Ratzinger, der ihn nach seiner Papstwahl zu seinem Privatsekretär machte. Heute arbeitet er auch mit Papst Franziskus eng zusammen.