Parteitag der Kommunisten in China

Verordnete Harmonie

Es ist das wichtigste Ereignis im politischen Kalender Chinas - der 17. Parteitag der Kommunistischen Partei in Peking hat begonnen. Zu dem Kongress versammeln sich über 2.200 Delegierte. Die Atmosphäre in den Tagen davor war eher bedrückend. Die Behörden wachen streng darüber, dass keine Proteste das Treffen stören.

 (DR)

Das Machtmonopol der KP steht nicht zur Disposition
Die Behörden wachen streng darüber, dass keine Proteste das Treffen stören. Auf dem Konvent wird über Personen und den politischen Kurs der nächsten fünf Jahre entschieden. Die Beschlüsse wirken sich nicht nur auf die 1,3 Milliarden Chinesen aus, sondern auch auf den Rest der Welt, mit dem die Volksrepublik mehr denn je wirtschaftlich verflochten ist. Die chinesische KP ist mit knapp 73 Millionen Mitgliedern die größte Partei der Welt. Ihr Machtmonopol steht nicht zur Disposition.

Der Parteichef, Staatspräsident Hu Jintao, wird weitere fünf Jahre amtieren. Auch Ministerpräsident Wen Jiabao dürfte an der Spitze bleiben. Das heißt: Er behält seinen Posten im mächtigsten Gremium des Landes, dem derzeit achtköpfigen Ständigen Ausschuss des Politbüros.

"Harmonische Gesellschaft" oder "Den Menschen in den Mittelpunkt stellen" lautete in den vergangenen Jahren das Motto, unter dem die Führung die enormen sozialen Ungleichheiten ausbalancieren will, die das Wirtschaftswachstum von jährlich rund zehn Prozent mit sich brachte. Die ökonomischen Reformen der KP schufen einen nie dagewesenen Wohlstand: Inzwischen leben in keinem anderem Staat der Welt - außer in den USA - so viele Dollarmilliardäre wie in China.

Teuer erkaufte Entwicklung
Aber diese rasante Entwicklung ist teuer erkauft: Die Umwelt ist in vielen Teilen des Landes zerstört, die Kluft zwischen Arm und Reich wächst, Millionen drohen abgehängt zu werden. Die Korruption wuchert. Der Zorn über bestechliche Beamte und mafiöse KP-Funktionäre führt in allen Ecken des Landes immer wieder zu heftigen Protesten.

Die KP-Spitze hat versprochen, Missstände zu beheben. Einige hohe Funktionäre wurden wegen Korruption abgesetzt oder vor Gericht gebracht. Parteichef Hu und sein Premier Wen erwarben sich Sympathien, indem sie die Bauernsteuern abschafften sowie freien Schulunterricht und Gesundheitsdienste für die Ärmsten versprachen.

"Wssenschaftliches Konzept der Entwicklung"
Gleichzeitig hielt die Führung an den ökonomischen Reformen fest. Als "wissenschaftliches Konzept der Entwicklung" will Hu nun seine Politik in der Parteiverfassung verankern lassen. Wie in früheren Jahren debattiert die Partei über Personen, Posten und Politik hinter verschlossenen Türen.

In Internet-Foren und in kleineren politischen Magazinen wie "Yanhuang Chunqiu" (Chinesische Chronik) meldeten sich allerdings Kritiker zu Wort. Die einen warnten, die Partei habe auf ihrem kapitalistischen Kurs die kommunistischen Ideale über Bord geworfen und verkaufe China an ausländische Investoren. Andere forderten endlich politische Reformen und mehr Demokratie.

Kritik von Human Rights Watch
Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" nahm die Polizei kritische Geister ins Visier. Wer verdächtigt werde, den Parteitag für Demonstrationen nutzen zu wollen, sei unter Hausarrest gestellt, entführt oder ohne Gerichtsbeschluss eingesperrt worden.

Seit August gingen die Behörden besonders gegen Bittsteller vor, die zu Tausenden vom Land nach Peking kamen, um Beschwerden vorzubringen, wie zum Beispiel die illegale Enteignung ihrer Grundstücke.

Erst vor wenigen Tagen veröffentlichte eine Gruppe Bittsteller einen Offenen Brief an die politische Führung im Internet, den über 12.000 Chinesen unterzeichnet haben. Darin werfen sie der Partei vor, nicht genug gegen Korruption, Vertreibungen und andere soziale Probleme zu tun. Sie forderten außerdem, die sogenannten Umerziehungslager abzuschaffen.

Von Jutta Lietsch (epd)