Die Welt des Fußballs ist Paul Breitner bestens vertraut. Doch der einstige Weltmeister von 1974 gehört nicht zu jenen, die in den VIP-Lounges bei Spielen seines einstigen Vereins FC Bayern München in der Allianz-Arena zu finden sind und sich dort an kulinarischen Köstlichkeiten labt. Seit Jahren engagiert sich der 67-Jährige für die Münchner Tafel und teilt Lebensmittel an Bedürftige aus. Nun ist ein neues Ehrenamt hinzugekommen: die Schirmherrschaft für die Mahlzeit-Patenschaften des Malteser Hilfsdienstes in der Erzdiözese München und Freising.
Bereits seit zehn Jahren setzt sich die Hilfsorganisation mit diesem Projekt gegen Armut im Alter ein. Wer über 75 Jahre oder aufgrund von Krankheit und Behinderung beeinträchtigt ist und entweder Sozialhilfe oder Grundsicherung bezieht, kann eine kostenlose Mahlzeit erhalten. Genauso sind den Angaben zufolge ein Berechtigungsschein der Tafel oder eine Socialcard mögliche Kriterien; auch wem nach Abzug der Miete weniger als 550 Euro monatlich zum Leben bleiben, kommt infrage.
Tafel "erde" ihn stets auf Neue
Zum Jubiläum wurde Breitner Schirmherr. Bei einer Vorstellung am Donnerstag in München sagte er, diese und die Arbeit für die Tafel "erde" ihn stets auf Neue und führe die Probleme dieser Gesellschaft vor Augen. So habe er jüngst einer Frau einen schönen Salatkopf anbieten wollen. Doch diese lehnte ab, weil zu Hause Essig und Öl fehlten. Wichtig sei ihm dafür zu werben, dass Menschen, die auf solche Hilfe angewiesen seien, sich nicht schämten, sondern diese in Anspruch nähmen.
Bevor er sich für sein Engagement bei den Maltesern entschieden habe, sei er die Touren für die Essenslieferungen mitgefahren. Mit welcher "Empathie und Herzlichkeit" die Ausfahrer diesen Job machten, habe ihn hocherfreut. Weil er sich nur für etwas einsetze, wo er zu 100 Prozent dazu stehen könne, habe er auch selbst probiert. Denn seine 92-jährige Mutter sei ihm im Ohr gewesen, die einmal gejammert habe, dass dieses "Essen auf Rädern" derart "greislich" sei. Breitner stellte indes fest: "Ob Lachs, Roulade, Thaicurry oder Geschnetzeltes, alles hat geschmeckt wie einer guten Wirtschaft auf dem Land."
"Bitter"in einer reichen Stadt wie München
Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) zeigte sich erfreut über das Angebot der Malteser. Es sei für ihn als Stadtoberhaupt jedoch "bitter", eingestehen zu müssen, dass dies in einer reichen Stadt wie München nötig sei. Die Stadtgesellschaft brauche ehrenamtliches und kirchliches Engagement, um helfen zu können. Denn viele Rentner lebten unter der Armutsgrenze. Aber auch wer etwas mehr habe, komme oft nicht zurecht. Viele trauten sich auch aus Scham nicht, entsprechende Angebote für ein kostenloses warmes Mittagessen anzunehmen, wie es etwa auch die 32 Altensozialzentren in der Stadt bieten würden.
Der Landrat des Landkreises München, Christoph Göbel (CSU) sagte, Ziel müsse es sein, alle Netzwerke zu aktivieren, dass die Betroffenen in ihren vier Wänden wohnen bleiben könnten und etwas zu Essen hätten. Malteser Diözesengeschäftsführer Christoph Friedrich ergänzte, dass ihr Angebot "Essen auf Rädern" gut angenommen worden sei. Doch zunehmend seien Kündigungen eingegangen. "Man koche wieder selber", heiße es in solchen Fällen. In Wirklichkeit hätten sich die Menschen den Service oft nicht mehr leisten können - und teilweise von einem Butterbrot am Tag und Kartoffeln gelebt.
2009 riefen die Malteser deshalb die Mahlzeiten-Patenschaften ins Leben. Seither seien über 450.000 kostenlose warme Essen an Bedürftige verteilt worden, sagte Friedrich. Spenden für dieses Projekt werden gerne angenommen.
Das liebe Geld im Fußball
Auf die Frage, wie es Breitner angesichts seines sozialen Einsatzes damit gehe, dass die Bayern unlängst eine Rekordablösesumme von 80 Millionen Euro für den Franzosen Lucas Hernandez zahlten, verwies er darauf, dass der aktuelle Fußball wie die Hollywood-Filmindustrie längst Entertainment sei. Die Fans wollten bespaßt werden, und dazu brauche es solche Einkäufe. Außerdem sei der FC Bayern ja auch ein "großer Steuerzahler", meinte er. Der bekennende Bayern-Fan Reiter entgegnete darauf nur: "Na ja."