Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe (CDU) hat am Sonntag eine besonderes Geschenk von Gerhard Richter erhalten. Der weltbekannte Künstler übergibt der westfälischen Stadt die raumhohe Installation "Zwei graue Doppelspiegel für ein Pendel". Das Werk sei ein "Glücksfall für Münster", sagt Lewe. Auf dem Kunstmarkt sind Richters Werke die teuersten eines lebenden Künstlers. 2015 erzielte eines seiner Gemälde die Rekordsumme von 41 Millionen Euro, das zuvor lange Zeit im Kölner Museum Ludwig hing. Der "Richter" in Münster soll dauerhaft für die Öffentlichkeit zugänglich sein.
Die Installation ist in der Kuppel der über 300 Jahre alten Dominikanerkirche in Münster angebracht, die im November 2017 profaniert wurde und zu einem kulturellen Veranstaltungsort umgebaut werden soll. Das Kunstwerk besteht aus einem Foucault'schen Pendel mit einer 48 Kilogramm schweren Kugel, die an einem 29 Meter langen Stahlseil hängt und die Erdrotation abbildet. Hinzu kommen vier rechteckige, sechs Meter hohe Glastafeln, die paarweise vor den Wänden der Kuppel angebracht werden. Ihre Oberflächen sollen die Bewegungen des Pendels, den Kirchenraum und die Besucher spiegeln.
Bekannte "Richter-Fenster" aus dem Kölner Dom
Es ist nicht die erste Kirche, in der sich Richter künstlerisch betätigt. 2007 hatte er für das Südquerhaus des Kölner Doms das bekannte "Richter-Fenster" geschaffen, bestehend aus über 11.000 Glasquadraten in 72 verschiedenen Farben. Auftraggeber war das Kölner Domkapitel.
Um seine jetzige Schenkung will der Künstler, der seit Jahren den ersten Platz beim Ranking Kunstkompass der weltweit gefragtesten Künstler belegt, wenig Aufhebens machen. "Ich kann es mir leisten, der Markt ist so", sagte Richter den "Westfälischen Nachrichten". Die Kosten für die Installation und die dafür nötigen Sanierungsarbeiten in der Kirche übernimmt die Stadt. Sie betragen den Angaben nach 650.000 Euro, von denen 600.000 Euro durch Zuschüsse und Zahlungen von Stiftern abgedeckt sind.
"Der richtige Ort", so der Künstler
Dass sich der 86-jährige Künstler, der aus Dresden stammt und in Köln lebt und arbeitet, für die westfälische Studentenstadt entschieden hat, verdankt sie Kaspar König, Leiter der alle zehn Jahre in Münster stattfindenden Freiluft-Ausstellung "Skulptur Projekte". Der ehemalige Chef des Museums Ludwig wusste, dass Richter ein Foucault'sches Pendel realisieren wollte und stellte 2016 den Kontakt her. Richter wurde zunächst ein stillgelegter Gasometer als Standort vorgeschlagen, der aber nicht seinen Vorstellungen entsprach. Dagegen gefiel ihm sofort die einstige Klosterkirche, die seit 1881 der Stadt Münster gehört. "Als ich dieses sehr schöne Bauwerk sah, war ich sofort begeistert und überzeugt, dass das der richtige Ort ist", sagte der Künstler.
Auch bei der Stadt kam das Projekt gut an, die Parteien im Rat winkten es im Oktober 2017 einstimmig durch. "Richter will den Kirchenraum durch sein Kunstwerk nicht musealisieren", erklärt die städtische Kulturdezernentin Cornelia Wilkens. Vielmehr solle die Installation im Zusammenspiel mit der neuen Nutzung des Raumes für alle erfahrbar sein. So sollen in der ehemaligen Kirche künftig kleinere Konzerte, Vorträge und Lesungen, aber auch Empfänge stattfinden. Bis zu ihrer Entweihung wurde die zentral gelegene Dominikanerkirche von der katholischen Universitätsgemeinde genutzt.
Umfassende Sanierung geplant
An der Realisierung des Foucault'schen Pendels sind auch Physiker der Universität Münster beteiligt. Sie haben den Antrieb entwickelt, der das Pendel in Bewegung hält. Erzeugt wird der Impuls durch eine in den Boden eingelassene Spule, deren Magnetfeld auf einen Magneten im Inneren der Kugel wirkt. Ein Ring unter der Aufhängung soll zudem dafür sorgen, dass sich keine Einflüsse von außen störend auf die Schwingungen des Pendels auswirken.
Mit der Übergabe des Kunstwerks am Sonntag sind die Bauarbeiten in der Dominikanerkirche allerdings nur vorläufig beendet. Die Stadt plant für 2020 eine umfassende Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes. Dafür veranschlagt sie rund 3,7 Millionen Euro.